Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
5.1911/12
Seite: 529
(PDF, 169 MB)
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wie der Hypnotismus, die Ekstase und der Traum, höher und höher
potenziert, Automatismus geistiger Natur offenbarten, so haben wir endlich
ein drittes — und das interessanteste Gebiet — das die vom Willen unabhängige
Funktion, die Automatik des Geistes, absolut unfehlbar beweist.
Und dazu kommt, daß hier von einem Sonderzustande des Menschen
in dem Sinne einer geistigen Niveaudiffererenz nach unten hin keinesfalls
die Rede sein kann, daß wir vielmehr Geist im höchsten Sinne vorfinden
. Dieses Dritte ist die geniale Geistestätigkeit.

Nennen wir es Inspiration, nennen wir es Phantasie; zwei Momente
kommen ständig in Frage1): »das plötzliche und unpersönliche Auftreten«.
Die eine Tatsache ist temporär, die andere funktionell, qualitativ bedeutsam.
Plötzlich, ungewollt, ungesucht, unvorbereitet arbeitet der Geist des Genies.
Otto Ludwig wurde nachts von einem Plane überrascht2), der rasend
schnell sich selbsttätig ausbildet und in einer halben Stunde ein ganzes
Stück mit Handlung und Personen zeugt. Von Hebbel sagt Keller3),
daß bei ihm die produktive Stimmung eine wahre Springflut gewesen sei.
Grillparzer berichtet4), wie er eines Morgens, im Bette liegend, urschnell
den ganzen Entwurf zur »Ahnfrau« konstruierte. Auch Paul Heyse berichtet
, wie er oft nach einem Traume novellistische Produktion in
rascher Folge an sich beobachtete,5) Gauß fand sieben Uhr morgens
im Bett vor dem Aufstehen das Induktionsgesetz. Fechner ebenfalls
morgens im Bett eine Differentialformel,6) G. Sand erzählt von Chopin,
daß dessen Inspiration und Produktion einen spontanen, wunderbaren
Verlauf zu nehmen pflegte. So finden wir also nicht nur bei Dichtern
und Musikern, sondern ganz ebenso bei wissenschaftlichen Genies stets
dieselbe Erscheinung: eine unglaubliche Geschwindigkeit des geistigen
Prozesses. Nun wäre auch das nicht so verwunderlich, wenn dieser
Prozess nicht gleichzeitig willenlos sich abspielte. Man kann ja wohl
meinen, die Automatik gehe nur so weit, als die Flucht der psychischen
Einzelheiten in einer selbständig ablaufenden Kette dargestellt werde,
nachdem vom Individuum irgendwie ein Anlaß, ein Anfang durch den
freien Willen gemacht worden sei. Aber nicht einmal das ist der Fall.
Selbst das Inslebentreten geistiger Leistungen ist automatisch und nicht
an unser Belieben gestellt. »Die geistigen Prozesse werden nicht vom
Willen gelenkt, sondern vollziehen sich triebhaft7)*). — Das Unterbewußt-

1) Ribot, Die Schöpferkraft der Phantasie, Bonn, 1902, S. 36.

2) O. Ludwig, Studien, IL S. 321.

3) Tagebücher II, 211.
*) Werke X, 72.

5) Jugenderinnerungen, 346.

6) Fließ, Ablauf des Lebens, Wien, 1906, S. 251.

*) Graf, Die innere Werkstatt des Musikers, Stuttgart 1910, S. 251.
*) Damit ist aber noch nichts erklärt! Wir wissen ja nicht, worin die Ursache unseres
Trieblebens besteht! Uns scheint es, als ob Drf Franz Hartmann mit folgendem Aus-


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