Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
5.1911/12
Seite: 531
(PDF, 169 MB)
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heißen, auch der geschilderte Vorgang der unbewußten Oeistestätigkeit,
ihre ganze Funktion sei eben krankhaft. Doch wie ist es im gewöhnlichen
Leben? Ich bitte: wo ist da ein Augenblick, in dem irgend jemand
sagen darf: »ich will jetzt denken?« Einmal die alltäglichen Urteile
beobachtet, ergibt sich, daß wir urteilen, ohne zu wollen. »Es regnet«,
ist ein automatischer Bewußtseinsvorgang. Ich stelle mich nicht ans
Fenster und denke, ich will jetzt »es regnet« urteilen, sondern ich sehe
es, und automatisch trifft die Meldung ein, ist das Bewußtsein geweckt.
Ebenso der Schluß: »Wenn es regnet, ist es naß. Draußen ist es naß.
Also regnet es draußen.« Das mit Absicht albern gewählte Beispiel
zeigt, wie automatisch wir schließen. Es kann sich ja jeder stündlich
prüfen. Er wird zunächst diesen automatischen Schluß vollführen.1) Erst
hinterher fällt dem durch Kulturgewöhnung geübten Bewußtsein ein:
»Wenn ein Sprengwagen fährt, wird die Straße naß. Die Straße ist naß.
Also ist ein Sprengwagen hindurchgefahren.« Und dann erst tritt nun
als Richter über diese beiden an sich selbsttätig funktionierenden Schlußvorgänge
die Beobachtung, also bewußtlich, ein Urteil hinzu. Man sieht
nach dem Himmel und prüft, ob es wirklich regnet oder ob er wolkenlos
ist. Man kann die schöne Phrase von den anerworbenen und angeborenen
Gewohnheitsschlüssen auch hier anbringen. Wie ist es aber,
wenn wir etwa eine Preisaufgabe, ein mathematisches Problem, einen
Schachzug vor uns haben? Wie denken wir da? Ebenfalls automatisch.2)
Wir können noch so viel wollen: die beste Lösung »fällt uns ein«, kommt
uns, deutlich gesagt, irgendwie plötzlich »wie ein Blitz« zur Kenntnis.
Also selbst im Leben der gewöhnlichen Durchschnittsmenschen ist der
Automatismus zu Hause. Der Wille des Ichs ist niemals Gebieter über
den Denkvorgang, weder in seinem Ursprung noch in seinem Verlaufe.
Wir können höchstens unsere Aufmerksamkeit auf bestimmte Richtungen
lenken, unseren Geist konzentrieren, niemals aber verhindern, daß wider
unser Wollen gleichzeitig Ideen auftauchen, die, vom Unterbewußtsein
empfangen, doch keck in die Welt der herbeigewünschten Vorstellungen
hineinlugen. Der Ablauf des Schlußverfahrens ist so absolut mechanisch,
automatenhaft, daß wir uns vergeblich sträuben würden, die auftauchenden
Gedanken zu unterdrücken. Und in dem Fall, in dem wir uns auf
nichts konzentrieren, werden wir alsbald beobachten, wie ununterbrochen
Gedanken in uns entstehen in buntem Wechsel. Hinzu kommt allerdings,
daß die äußeren Sinnesreize psychische Sensationen auslösen, die naturgemäß
im Zustande geistiger Interesselosigkeit die Gedankenbahnen
beeinflussen und färben. Und wer zum anderen den Versuch macht,
alle Sinnesreize zu entfernen — übrigens ein unmögliches Unternehmen,
insofern zumindest immer der Tast-, Druck- und Temperatursinn mit-

!) Dieser »automatische Schluß« beruht auf früheren Erfahrungen, ist also
eigentlich eine Erinnerung! (Der Schriftleiter.)

2) Ist nicht immer zutreffend. Oft findet man gerade beim Schachspiel nur durch
zielbewußtes, abwägendes Denken die beste Lösung. (Der Schriftleiter.)


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