Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
5.1911/12
Seite: 553
(PDF, 169 MB)
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kriminellen Anthropologie schon zu Lebzeiten sich eines gewissen Ruhmes erfreut,
mußte aber auch mancherlei Anfechtungen über sich ergehen lassen, und es hat seine
eben genannte Lehre keineswegs unbedingte Anerkennung gefunden. Sicher ist
es auch, daß manche wissenschaftliche Kreise peinlich überrascht wurden, als der
„große Lombroso" am Abend seines Lebens offen ins okkulte Lager überging
und in Wort und Schrift Zeugnis für die Echtheit übersinnlicher Tatsachen
ablegte. Umso überraschender klingt nun die Nachricht, daß beinahe die ganze
Qelehrtenwelt, nicht nur Europas, sondern auch darüber hinaus, sich bereit erklärte
, dieses Denkmal Lombrosos tatkräftig zu fördern. In zirka zehn Staaten
Europas haben sich eigene Ausschüsse zu diesem Zwecke gebildet, ebenso in Nord-
und Südamerika. Auch Japan schließt sich an. Es wird jetzt bekannt, daß die Professoren
für Strafrecht, für Psychiatrie, für Anthropologie an der Universität in
Tokio, Kioto u. s. w. sich zu einem Lombrosokomitee zusammengeschlossen haben.
An der Spitze dieser durch das Komitee aufgelegten Zeichnungen ist der japanische
Justizminister nebst seinen Kollegen des Unterrichtes, des Innern und sogar des
Kriegswesens zu finden. Aufgemuntert durch diese Subskriptionen, hat der Rat
der Stadt Verona das Denkmal bereits in Auftrag gegeben und wurde hierfür einer
der besten italienischen Künstler, der Bildhauer Leonardo Bistolfi, gewonnen
. Es scheint demnächst die Zeit gekommen zu sein, wo ein großer Gelehrter
nichts an seinem Ruhme einbüßt, wenn er den Mut besass, sich als Okkultist zu
bekennen Das ist jedenfalls ein Zeichen wahren Kulturfortschrittes und deshalb
sei dieser Fall hier besonders verzeichnet. Er diene zur Aufmunterung für deutsche
Gelehrte, die oft in ihrem Innern von der Unhaltbarkeit des Materialismus fest überzeugt
sind und dennoch nicht den Mut besitzen, gleich Lombroso offen für die Wahrheit
Zeugnis abzulegen.

Der Traum der Zariß. Man schreibt uns aus London: Eine hiesige okkultistisch
-wissenschaftliche Zeitschrift beschäftigt sich mit einem interessanten Buche,
das von einer Dame der Petersburger Gesellschaft geschrieben wurde und unter
dem Titel „Die Erinnerungen einer Hellseherin" in der Öffentlichkeit
erschien. Die Verfasserin, die sich sehr eingehend mit telepathischen Forschungen
und mit dem Phänomen des Hellsehens beschäftigt hat, erzählt dabei auch,
daß im russischen Kaiserhause seit jeher eine Neigung zu abergläubischen
Vorstellungen heimisch gewesen ist. Das sei an sich nicht überraschend
, weil seit jeher viele merkwürige Geschichten von Geistererscheinungen
und dergleichen mit der Vergangenheit des Zarenhauses und des russischen Kaiserthrones
verknüpft sind. Interessant ist aber die Mitteilung der Verfasserin, daß die
gegenwärtige Zarin ein übersensitiver Mensch ist, der seinen Träumen
gerne nachgeht und ihnen oft eine tiefere Bedeutung beilegt. Dafür zeugt ein Vorgang
, der in der Tat ein merkwürdiges Zusammentreffen enthält: Die Zarin war
eines Nachmittags eingeschlummert und wurde von einer besorgten Hofdame geweckt
, die die Kaiserin im Schlafe seufzen und stöhnen hörte. Die Zarin erzählte
dann, ein schrecklicher Traum habe sie gequält: Im Schlafe erschien vor
ihr ein blutüberströmter, armer, kleiner Muschik und sagte vorwurfsvoll: „Weit
von Sibirien bin ich hergewandert, nur um Dich an Deinem Ehrentage zu sehen,
und nun haben mich Deine Kosaken ermordet." Das Traumgesicht war so lebhaft,
daß die Zarin sich von der Erinnerung nicht freimachen konnte und fest behauptete,
es müsse zu dieser Stunde irgend ein Unglück geschehen sein. Der Zar lächelte
über diesen Aberglauben, aber um seine Gemahlin zu beruhigen telephonierte er
das Hofmarschallamt an. Es stellte sich nun heraus, daß wenige Minuten vorher
ein telegraphischer Bericht über einen blutigen Aufruhr in einem entlegenen
Dorfe eingetroffen war. Die Dinge waren durch das Eingreifen der Kosaken verschlimmert
worden, man war in die Menge hineingeritten und hatte die Aufrührer
auseinandergetrieben, und in dem Getümmel hatten viele M u s c h i k s ihr Leben

Zentralblatt für Okkultismus. V. Jahrgang. 36


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