Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
5.1911/12
Seite: 658
(PDF, 169 MB)
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Okkulte Umschau.















Im Banne der Hypnose.

Am 31. Januar d. J. stand Siegmund Versbach Ritter v. Hadamar unter
der Anklage der Adelsfälschung vor dem Prager Strafgericht. Mit einem in der
Qerichtsgeschichte unerhörten Vorfall schloß die Verhandlung. Der Angeklagte wurde
vor den Richtern durch seinen behandelnden Arzt in Hypnose versetzt. Die Meinungen
der Ärzte gingen scharf widereinander. Der Hausarzt Versbachs stellte
sich auf den Standpunkt des Verteidigers, der Angeklagte habe die Matrikelfälschungen
zum Nachweis eines Adels unter dem zwingenden Druck hypnotischer Aufträge
im unbewußten und unverantwortbaren Trancezustand begangen. Die gerichtlichen
Sachverständigen bestritten diese Möglichkeit. Schließlich vertagte der Senatspräsident
die Verhandlung bis zur Einholung eines Fakultätsgutachtens der tschechischen
Universität. In diesem Stadium steht der Prozeß noch heute.

In der Wohnung Dr. Bouceks wurde nun dieser Tage v. Versbach von seinem
Hausarzt Dr. Otto Wiener in Hypnose und Trance demonstriert. Im großen,
hellen Salon saßen in einem Halbkreis zehn geladene Zeugen, darunter Dozent Dr.
Kafka, Advokat Dr. Neuberg und Richter Bischitzky, der praktische Arzt Dr. Boucek
und zwei Journalisten. In der Mitte des Zimmers, allseits genau zu beobachten, saß
Versbach, neben ihm stand Dr. Wiener. Dr. Wiener erzählte die Krankheitsgeschichte
v. Versbachs. Es handelte sich um Fälle psychischer Störungen, die eine ungemein
starke Empfänglichkeit für hypnotische Einflüsse bedingen. Es waren Zeichen einer
ernsten Psychose vorhanden, die Dr. Wiener veranlaßten, seinen Patienten in einem
Sanatorium unterzubringen.

Hier versuchte Dr. Wiener den krankhaften Zustand v. Versbachs durch
Hypnose zu bessern. Versbach zeigte sich außerordentlich leicht beeinflußbar, ja
er führte Aufträge, die er in der Hypnose erhielt, ganz präzis — selbst nach mehreren
Tagen — aus. Aus verschiedenen Antworten, die v. Versbach seinem Arzt in der
Hypnose gab, schloß dieser, daß sein Patient von einer dritten Person schon öfter
hypnotisiert wurde und deren Befehle nachträglich im Trancezustand ausführte. Es
ist nach der Ansicht Doktor Wieners dieselbe Person, unter deren hypnotischem
Einfluß v. Versbach die Matrikel in Versbach und Kürnach fälschte.

Dr. Wiener wollte uns nun beweisen, daß v. Versbach solchen posthypnotischen
Trancezuständen widerstandslos unterworfen ist.

„Herr v. Versbach, können Sie Althebräisch?" fragte Dr. Wiener mitten in
seinen medizinischen Erklärungen. „Woher denn, nicht einmal Neuhebräisch," versichert
v. Versbach mit einem schwachen Versuch von Lächeln um seinen nervös
zuckenden Mund. „Sie haben nie Althebräisch betrieben, nie ein althebräisches Buch
gelesen?" „Niemals!" „Und doch haben Sie, Herr Ingenieur, einen a 11 h e b r ä i -
schen Brief an mich geschrieben!" Dr. Wiener zieht ein Schreiben aus der
Tasche und zeigt es v. Versbach, der kopfschüttelnd bemerkt: „Es ist gewiß meine
Unterschrift und Sie sagten mir, ich hätte diesen Brief an Sie geschrieben. Ich weiß
es nicht, ich kann mich nicht daran erinnern."

Dr. Wiener erklärt nun: „Ich habe v. Versbach damals hypnotisiert und ihm
in der Hypnose aufgetragen, mir einen althebräischen Brief zu schreiben. Tags darauf
brachte er mir dieses Schreiben, übergab es mir und konnte sich in der nächsten
Sekunde an nichts mehr erinnern. Er hatte also diese merkwürdig komplizierte
Handlung im Traume unter posthypnotischem Zwang ausgeführt. Hier sehen Sie den
Brief." Er reicht ihn herum. Das Schreiben zeigt korrekte althebräische Lettern,
die so geschickt zusammengestellt sind, daß der Schreiber sogar auf die für Anfänger


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