Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
5.1911/12
Seite: 659
(PDF, 169 MB)
Bibliographische Information
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1911/0665
unvermeidliche Interpunktion der Vokale verzichtet hat. Der Brief ist vom 12. Februar
1912 datiert und trägt in gewöhnlichen Buchstaben die Unterschrift v. Versbachs.

Während wir leise sprechend Theorien zu diesen merkwürdigen Tatsachen
suchen, hören wir den scharfen, lauten Befehl: „Herr Ingenieur,'sehen Sie mich an!"
Dr. Wiener hat sich seinem Patienten gerade gegenübergestellt und blickt ihm starr
in die Augen. „Eins, zwei, drei, vier, fünf," langsam und fast feierlich tönen die
leeren Zahlen. „Sie schlafen!"

v. Versbach hat wirklich die Augen geschlossen. Sein Atem wird leise
röchelnd und schnaubend.

„Hören Sie mich, Herr Ingenieur?"

;,Ja!" Die Stimme klingt hohl und unsäglich grauenhaft, als ob sie von der
Decke, dem Fußboden und allen Wänden des Zimmers käme.

„Warum haben Sie in dieser Versammlung, jetzt, nicht getan, was ich Ihnen
gestern in der Hypnose aufgetragen habe?"

„Das — Wort — haben — Sie — nicht — gesagt!"

Dr. Wiener wendet sich zu uns und sagt: „Es war meine Schuld, ich habe
v. Versbach einen posthypnotischen Auftrag für die heutige Demonstration gegeben,
aber ich habe das Stichwort vergessen." Dr. Wiener befaßt sich wieder mit dem
steif in seinem Sessel liegenden Hypnotisierten. „Und wie heißt dieses Wort?"
„Die — Kopie — des — Briefe s!" „Ja, natürlich, ich hatte es vergessen. —
Wachen Sie auf, Herr Ingenieur."

Dr. Wiener bläst ihm dreimal ins Gesicht. Die ausdruckslos starren Züge
vibrieren, es kommt Leben in den Mann, aber er kann sich offensichtlich noch nicht
völlig bewegen. Dr. Wiener untersucht ihn: „Er ist noch nicht völlig bei sich, er ist
noch im Trance, aber nicht mehr hypnotisiert."

Dann fragt er: „Haben Sie mir den althebräischen Brief geschrieben?" —
„Ja!" — „Wer waren die Personen, die Einfluß auf Sie hatten und Sie nach Versbach
schickten?" — „Ich darf keine Namen nennen!" — „Sind Sie Adelsfälscher?" — „Das
bin ich nicht!" — „Sie haben doch die Fälschungen in Versbach gemacht?" „Ich
habe sie nicht gemacht!"

(Die folgenden Fragen und Antworten sind von so hoher prozessualer Bedeutung
für v. Versbach und dritte Personen, daß ich sie wegen der schwebenden
strafgerichtlichen Untersuchung nicht wiedergeben kann.)

Dr. Wiener weckt Vers^ach mit plötzlichem Anrufen und beginnt sofort mit
forcierter Lebhaftigkeit mit ihm zu sprechen, als ob er das Gespräch, das er vor der
Hypnose mit ihm führte, nie unterbrochen habe. Versbach spricht mit Ruhe und
Selbstverständlichkeit den Satz zu Ende, den er vor der Hypnose anfing.

Mit einemmal fragt Dr. Wiener: „Ja, sagen Sie mal, Herr Ingenieur, was macht
denn die Kopie des Briefes?"

Das war das Stichwort, auf das hin v. Versbach den Auftrag unter dem Zwang
der Hypnose ausführen sollte. Zunächst war ihm nichts anzumerken und er sprach
ruhig weiter. Dann schwieg er, als ob er einem Gedanken nachsänne, der immer
mehr Gewalt über ihn bekäme. Man sah ordentlich, wie intensiv er etwas Unbestimmtes
, das ihn beeinflußte, von sich abwehren wollte. Dann sprang er auf: „Einen
Moment, meine Herren, mir ist nicht wohl." Damit lief er schon aus dem Zimmer.

Dr. Wiener sprach rasch auf uns ein: „Ich habe dem Mann gestern in der Hypnose
befohlen, er soll, wenn ich die Worte: „Die Kopie des Briefes" ausspreche, sofort
aus dem Salon gehen, sich in die Registratur im Kanzleizimmer Doktor B o u c e k s
schleichen, dort das elektrische Licht andrehen, aus der Registratur sein Akten-
iaszikel, dann aus diesem die photographische Kopie des althebräischen Briefes
nehmen, in den Salon zurückkehren und mir die Kopie mit der Motivierung übergeben,
ich hätte sie ihm selbst wenige Sekunden vorher überreicht. Sehen Sie selbst,
ob er folgt!"


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