Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
5.1911/12
Seite: 677
(PDF, 169 MB)
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Sein Verhältnis zu den Frauen kann uns den Unterschied noch
deutlicher machen. Björnson wird feierlich wie ein Kanzelredner und
spricht von den herben Pflichten und Tugenden der Frau. Ibsen stilisiert
den neuen Typus; fortab kokettiert das »moderne« Weib mit Nora
und Hedda Gabler, als ob es vor dem eigenen Spiegel stünde. Es ist
die neue Pose, der die moderne Frauenpsyche unterliegt. Strindberg
allein erkennt die Krankheit und die Gefahren, die der Menschheit durch
die Auswüchse der Emanzipation drohen, für die Schwedens Frauenbewegung
wahrscheinlich klassische Beispiele liefert. Ibsen gehorcht seinem
Intellekt, Strindberg gehorcht seinem Naturinstinkt, darum ist er der
Mächtigere. Diesem Naturinstinkt wittert das Feindliche selbst da, wo
er persönlich durch Liebe gebunden ist. Das Feindselige ist die intellektuelle
Frau, die sich von der Natur, von der Familie, von der Mutterschaft
emanzipiert und in der Freiheit verwildert. Was ist der Gewinn?
Wird der Verlust an Glück, an nationaler Gesundheit, an wurzelhafter
Volkskultur aufwogen ? Und wie wird der Verrat an der natürlichen Bestimmung
gesühnt? Die Familienschicksale der »Gotischen Zimmer« geben
eine pessimistische, tatsachenmässige Antwort darauf. Die Kritik des
Weibes in den »Heiratsgeschichten«, in der »Beichte eines Toren«, in der
»Entwicklung einer Seele«, zum Teil auch in »Inferno«, lassen aber im
Grunde einer unerbittlichen Analyse eine tiefe, unbezwingliche Sehnsucht
nach Ehe- und Familienglück aufschimmern. Das doppelte Gesicht!
Aber er entdeckt mehr als die Krise der modernen Frauenpsyche. Sein
elementarer Naturinstinkt wittert die angeborene Feindschaft der Geschlechter
, die in den modernen Kulturerscheinungen vielleicht nur eine
neue Ausdrucksform sucht. Sein unterethisches Temperament bricht
durch, das oft versuchte Eheglück geht in Brüche. Die Ideale stürzen,
er richtet sie in seiner Sehnsucht wieder auf. Er hat die Frauen, die
ihm im Leben begegnet sind, gewiß ganz falsch behandelt; rasch gewinnt
die elementare Gegnerschaft Herrschaft über sein Denken und
führt zu den tragischen Konsequenzen. Die Naturgewalt macht ihn
zum Märtyrer in »Entzweit-Einsam«: das überethische Element trägt
schliesslich den Sieg über den Riesenkampf davon, den die menschliche
Natur hinter dem Deckmantel der Konventionen und Satzungen heimlich
führt.

Von hier zur Gesellschaftskritik, die auf diesen Kompromissen aufgebaut
ist, führt nur ein kleiner Schritt. Im »Roten Zimmer« und in den
»Schwarzen Fahnen« fallen die Masken einer heuchlerischen Civilisation.
Vom Widerwillen geschüttelt mußt' ich es beklagen, den Dichter so tief
in den Unrat hinabsteigen zu sehen. Noch heute sehen wir ihn hier
und da seine kostbare Kraft an unwürdige Stoffe und unwürdige Gegner
vergeuden. Ist nicht schade darum? Nun aber ist es doch klar, daß es
nicht anders sein konnte. Es ist sein Dämon, der ihn zwingt. Allerdings
leuchtet sein Ethos in diese unterirdische Arbeit hinein. Was als


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