Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
5.1911/12
Seite: 678
(PDF, 169 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1911/0684
— 678 —

Verhängnis erscheint ist vielleicht Teil seiner Mission. Jedenfalls Karma,
wie der Dichter die Bestimmung nennt. Sein Karma ist zu dienen,
wobei die Verschärfung darin liegt, daß, wie so oft, der Edle dem Niedrigen
dienen muß. Umso freudiger folgen wir dem Dichter zu den letzten
metaphysischen Traumhöhen, die er erreicht hat wie vor ihm und neben
ihm kein anderer. Wie jeder elementare Naturmensch ist Strindberg der
geborne Mystiker. Das heißt: er fühlt, ahnt, erkennt und sieht Zusammenhänge
, die für den in seinen Instinkten gestörten oder gebrochenen
Bildungsmenschen nicht vorhanden scheinen; in den visionären, realistisch-
transcendentalen Werken Strindbergs liegt nicht nur die Unsterblichkeitsidee
, sondern vor allem auch die Unsterblichkeit dieses Dichters. Hier
triumphiert Ariel über Caliban, der Genius hat sich aus der Gewalt des
Untermenschen befreit; er ist aus der absoluten Skepsis, aus Finsternis,
Kummer und Verzweiflung, darin er noch in dem »Schlüssel des Himmelreichs
« verstrickt ist, befreit; er wandert in den »Legenden« durch das
»Inferno«, »nach Damaskus« und »Advent« den Weg der Läuterung.
Himmel und Hölle sind Erfahrungen dieses eigenen Lebens und sind
nach Swedenborg geistig zu nehmen: steil geht der Weg bergan aus der
Finsternis zum Licht, zu neu errungenem Glauben, zur Hoffnung und
Liebe. Der »Rausch«, die »Folkunger Sage«, »Gustav Wasa«, »Erich XIV.«
enthalten bereits auf dieser Basis felsenfeste Gewißheiten; seine Traumspiele
»Totentanz?, »Kronbraut«, »Schwanenweiß«, »Damuskus III« erweisen
die schon errungene Sprungsicherheit zwischen zwei Welten.
In »Ostern« erneut sich das ewige Mysterium, in dem die Seele in ihrem
höheren visionären Wissen von dieser Welt der Kümmernisse, der Irrungen
und Verblendungen genesen kann. Hart rücken die realistischen und
metaphysischen Elemente aneinander, eines gleichsam die Gegenseite des
anderen; Uebersinnliches aus dem tiefsten Brunnen menschlicher Weisheit
und göttlicher Inspiration geschöpft und aus dem Sinnlichen herausgedeutet
als der mystische Urgrund der Dinge. Hier liegt aber zugleich
auch eine ganz große künstlerische Tat, die größte seit hundert
Jahren, vielleicht sogar seit Shakespeare, die nicht mehr und nicht weniger
bedeutet als die Befreiung vom Naturalismus, ohne auf den realistischen
Erfahrungssatz unserer Sinne verzichten zu müssen. Maeterlinck, der ganz
im Bereich des Traumhaften bleibt, kann hier nicht in Vergleich gebracht
werden, wenngleich vorübergehend sein Einfluß zu spüren ist. Strindberg
bleibt der künstlerische Neuschöpfer mit einer Tragweite, die vorerst gar
nicht abzuschätzen ist.

In diesen Werken der künstlerischen Inspiration schimmert der sanft
leuchtende Gipfel einer hohen Welt- und Naturerkenntnis, der Religion
von morgen, darin sich Philosophie und Wissenschaft zwanglos vereinigen
. Strindberg ist schon längst unterwegs nach diesem Gipfel, er
hat ihn erreicht. Wir brauchen ihm nur zu folgen. Im »Schlafwandler«
reißt er bereits an der Kette, sich vom Atheismus und der Deszendenzlehre


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1911/0684