Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
5.1911/12
Seite: 708
(PDF, 169 MB)
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Statt Hochhaltung des Adelszeichens »Die Wahrheit über alles«
hält man sich und seinen Nutzkreis hoch, richtet man seine Stellung zu
sozialen und religiösen Besserungsvorschlägen nach dem Nutzen ein,
den man sich von solchen für die eigene Person verspricht. Und da
ein nach Ausgleich sittlich vergifteter Gegensätze strebender Mittelpfad
nicht anders kann, als zugunsten des Allgemeinwohles von allen Egoisten
Opfer an Selbstsuchtsgelüsten zu fordern, so sind natürlich alle Edelsten
mit unsauberer Wäsche über Ausgleichspfade genannter Art schnell fertig
mit ihrem Urteil. Hieraus ergibt sich, daß jeder Darbieter wirklich gangbarer
sozialer Gesundungswege behandelt wird wie ein räudiger Hund.
Und das in Kreisen, die ihren Wahrheits- und Gerechtigkeitshunger in
glühendsten Farben malen und vom Gott in der eigenen Brust die
herrlichsten Dinge zu erzählen wissen.

Rechtsbetätigung hat, wie jede Willensäußerung, eine passive und
aktive Seite. Passive Moral betätigt, wer einerseits nichts positiv Böses
tut, andererseits aber auch positiv Gutes unterläßt, wer sich von Lug,
Betrug, Raub, Mord und gemeinen Verbrechen fernhält. Im passiven
Sinne sind deutsches Volkstum und sein Geistesadel zweifellos moralisch.
Wenn aber unseres Geschlechts Wohlergehen von der edelsten Moralform
abhängig ist und unter aktiver Moral Selbstverleugnung und Opfermut
für das Allgemeinwohl, Betätigung von Wahrheit und Recht um ihrer
selbst willen verstanden werden, dann steht es mit unserer Zukunft
hundemäßig schlecht. Dann kann sich der heutige deutsche Geistesadel
mit seinen Genesungsmitteln begraben lassen. Dann bleibt die Verheißung,
daß am deutschen Wesen noch einmal die Welt genesen werde, ein
schlechter Witz.

Kulturstreben und Machtringen materialistischer Art widerstreben
einander wie Feuer und Wasser. Wer im heutigen Machtringen in der
Weltpolitik konkurrieren will, muß sich dem Bösen ganz verschreiben.
Wer, wie heutiges Deutschtum, es weder mit dem Bösen noch mit dem
Guten verderben will, kommt nicht weit. Romanen, Briten, Slawen,
Semiten und Jesuiten in Listen und Teufeleien zu überbieten ist nicht
so einfach, als der deutsche Michel meint.

Mit moralischer Halbheit, die im heutigen Deutschtum noch genügend
anzutreffen ist, ist nichts anzufangen. Wo es Opfer kostet und Rechtsbetätigung
schwierig und gefährlich wird, zieht sich der Deutsche feig
zurück. Das Schlimmste aber ist, daß selbst beim deutschen Geistesadet
keine Aussicht mehr besteht, von diesem genügend große Kreise zum
Beschreiten aktiver Sittlichkeitspfade zu bewegen. Das Gesundungsproblem
wird hierdurch immer verwickelter und unlösbarer. Es spitzt
sich schließlich auf Heranbildung sittlich kraftvollen Geistesmaterials aus
noch unverdorbener bildungsfähiger Jugend zu. Ein ausgewachsener
krummer Baum läßt sich selbst vom besten Gärtner nicht mehr gerade
biegen. Soziale Gesundung muß also schon bei der Jugenderziehung


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