Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
7.1913/14
Seite: 172
(PDF, 170 MB)
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Bauersfrau verlor aber nicht den Mut und zog mit ihrem besessenen Mann weiter,
aber immer erwies sich der Dämon durch seinen Trick als der stärkere. Jeder
Pfarrer hatte sein verborgenes Sündenregister, und der Dämon triumphierte. Da
endlich erfuhr die Bauersfrau, daß in einem Kloster bei Q . . . ein Ordensgeistlicher
lebe, der ob seiner tiefen Frömmigkeit und seines reinen Lebenswandels selbst von
Seite seiner Mitbrüder große Verehrung genoß. Zu diesem pilgerte also die geplagte
Frau. Und wirklich, diesmal schwieg der freche Teufel, diesem Ordensgeistlichen
wußte er keine geheime Sünde ins Qesicht zu schleudern und es gelang diesem
offenbar spirituell und moralisch hochstehenden Priester endlich, wenn auch nach
manchen Bemühungen, den „Teufel", wie die Leute sagten, zu bezwingen. Er
betete wiederholt mit dem besessenen Bauern und dieser wurde schließlich von
dem Dämon befreit.

Wir halten diese kurze Geschichte einer Besessenheit deshalb für sehr lehrreich
, weil sie uns geeignet erscheint, ein Licht auf die oft beobachtete Tatsache zu
werfen, warum nur gewisse Priester oder Ordensgeistliche
zum Exorcismus eine besondere Eignung besitzen, während
andere sich mit denselben Formeln undGebeten vergeblich bemühen, den Teufel auszutreiben
. Nicht die priesterliche Weihe allein, nicht die vorgeschriebenen Zeremonien
und Gebete für sich können einen Dämon bezwingen, dies kann offenbar nur
ein Exorzist, der vor allem ein reiner Mensch ist, und ein solcher ist
auch heute noch (unter allen Ständen!) ebenso schwer zu finden wie zur Zeit
Christi. Dies lehren uns die trockenen Tatsachen beim Exorzismus, dies wird uns
auch jedermann bestätigen, der wahre Menschenkenntnis besitzt. Die Stufe wirklicher
flerzensreinheit oder Heiligkeit ist eben für Menschen unserer Entwicklungsstufe
nur sehr schwer erreichbar. So wie ein gottbegnadetes Genie auch heute
noch trotz der vielen Akademien eine Seltenheit ist, die sich nicht künstlich
züchten lässt, so ist auch ein wahrer Heiliger die seltene Blüte eines
ganzen Volkes. Ja, viele Theologen sind der Ansicht, daß zur Erreichung der Stufe
der Heiligkeit neben persönlicher Anstrengung auch die Gnade Gottes mitwirken
müsse. Wäre dem nicht so, so müßten unsere Akademien ebenso leicht Genies und
große Künstler produzieren, als es den Priesterseminaren und Klöstern ein Leichtes
wäre, der Welt alljährlich neue Heilige zu schenken.

Wir hoffen, daß diese unsere Darlegungen keinesfalls als Herabsetzung des
Klerus aufgefaßt werden, sondern nur als ein Beitrag zur Besessenheit und zur Entwicklungsgeschichte
der menschlichen Seele. Auch soll sich deshalb niemand vom
Streben nach Vollkommenheit abhalten lassen. Es bleibt aber nach allen Erfahrungen
als feststehend anzusehen, daß die Austreibung eines Dämons als ein
geistiges Ringen aufzufassen ist, und wer die zum Siege erforderlichen moralischen
Kräfte und Qualitäten nicht besitzt, unterliegt unbarmherzig in diesem Kampfe. Also
könnte man unter Umständen Besessene gleichsam als Probiersteine für die innere
Entwicklung anderer Menschen benützen! Christus und seine Apostel, viele Heilige
der christlichen Kirche (aber dies sei ausdrücklich hervorgehoben,
auch viele Heilige anderer Glaubensbekenntnisse) hatten und
haben die Kraft, „böse Geister" zu bezwingen. Es genügte dazu von ihrer Seite oft
ein einziges Wort, ja die bloße Anwesenheit und Ausstrahlung eines Heiligen ist, wie
das Volk sagt, dem Teufel so zuwider, daß er weicht. So war es seit alten Zeiten,
so ist es in der Gegenwart und so wird es wohl noch für geraume Zeit in der
Zukunft bleiben. Wenn aber die Ausstrahlung eines Heiligen den Dämonen widerlich
ist, so ist es auch denkbar, daß gewisse Kräuter und Steine Ausstrahlungen
haben, die für Dämonen antipathisch sind. Darauf beruhen die Anwendungen von
Räucherungen, Sympathiekuren, Amuletten gegen Besessenheit und dämonische Einflüsse
. Wer die Odlehre Reichenbachs kennt, wird es auch für erklärlich finden, daß
ein Heiliger sein Od auf ein Tuch, Stückchen Papier usw. überträgt und daß nun


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