Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
7.1913/14
Seite: 386
(PDF, 170 MB)
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Alle leidenschaftlich empfundene Musik verwandelt sich für mich in Bilder, die
ich sehe, während ich die Musik für Sekunden und Minuten nicht mehr zu hören
glaube. Am, häufigsten und stärksten kommen mir solche Bilder und Farben bei
Schumann und Beethoven. Früher war's auch bei Wagner so. Aber die bilderschaffende
Wirkung, die sonst die Wagnersche, Musik in mir hervorrief, ist seit
etwa fünf Jahren ganz für mich erloschen." —

Auf Seite 250 des II. Bandes „Buch der Jugend" finden wir noch eine interessante
Schilderung einer ähnlichen Gabe unseres Dichters:

„In der Nacht, als ich schlaflos und seltsam unruhig war, da kam mir plötzlich
jene Qabe meiner Kindheit wieder: dieses farbige Bildersehen in der Finsternis
. Erst war's wie eine trübe, violette Sonne; sie verwandelte sich in farbige
Ringe, die gegen einander liefen, und innerhalb dieser kreisenden Ringe erschien
mir ein knospenhaftes, von braunen Löckchen umringeltes Qesichtchen,
aus dem mich unter dunklen Wimpern zwei große blaue Augen verwundert betrachteten
. Ein paar Sekunden schwebte dieses liebe Qesichtchen wie ein Wirkliches
in der Luft, dann begann es sich zu verändern, wurde von den kreisenden
Farbenringen verzehrt und war verschwunden.

So kam es wieder in jeder, jeder und jeder Nacht." —

Auch von Vorahnungen, dem Vorherwissen eingetretener Ereignisse, gibt
uns der Dichter des „Herrgottschnitzers von Oberammergau", des „Jägers von
Fall" ein anschauliches Beispiel. Im gleichen Bande II heißt es S. 89:

„Ein paar Tage später, inmitten dieser wirbelfröhlichen Zeit, fiel beklemmende
Trauer in mein Herz, und ich erlebte dabei noch eine jener dunklen Wunderlichkeiten
, die man psychische Rätsel zu nennen und als unerklärbar zu bezeichnen
pflegt.

Ich fuhr in einer Nacht, schon gegen Morgen, aus dem Schlummer auf und
hatte beim Erwachen die Empfindung, daß ein dröhnendes Glockenläuten mich
geweckt hätte. Aber die Nacht war still. Mit heftig pochendem Herzen saß ich
in meinem Bett und lauschte. Und vernahm von der schweigsamen Straße herauf
einen hastigen Schritt, der über die Pflastersteine klapperte und ei'lig näher
kam. Nun verstummte dieser Hall, dicht unter meinem Fenster, und im gleichen
Augenblick wurde heftig an unserer Haustürglocke gerissen. Etwas Wehes und
Kaltes zuckte mir jäh durchs innerste Leben: „Jesus, Großpapa ist gestorben!"
Ob ich diese Worte laut in der Nacht geschrien habe oder ob ich sie nur dachte,
das weiß ich nimmer. Aber sie waren in mir, als diese Glocke so schrecklich
läutete.

Ich war vor Schreck wie gelähmt. Nebenan im Wohnzimmer meiner
Hausleute wurde ein Fenster aufgerissen, eine Stimme rief etwas hinunter in die
Nacht, eine andere Stimme, wie aus weiter Ferne, rief etwas herauf von der
Straße — ich verstand meinen Namen, sprang aus dem Bett und hatte mich in
der Finsternis halb schon angekleidet, als der Hausherr im Schlafrock und einem
Kerzenlicht in mein Stüble trat und mir sagte: eine Magd wäre vor dem Haustor
, und ich sollte gleich zu meinem Onkel kommen.

Auf der Straße drunten erfuhr ich, was ich schon wußte — mein Großvater
war gestorben.

Ich konnte nicht weinen. Es war in mir nur ein ratloser Schreck, ein
• kalter Schauer.---

Nach der Rückkehr vom Begräbnis erzählte mir der Vater, wie der
Großvater gestorben wäre: ohne Krankheit, plötzlich, nach einem heiteren
Abend, lachend, ohne Ahnung seines nahen Todes." —

Ganghofer erwähnt dann noch, daß er sich's vom Vater, dem er das
Dunkle, Wunderliche aus jener stillen Nacht erzählte, nicht habe ausreden las-


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