Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
8.1914/15
Seite: 49
(PDF, 145 MB)
Bibliographische Information
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Notizbuches zitfernde Striche und Punkte. Nach kaum einer Minute sprach IL:
„Trüb ein---*

„Nein," sagte ich, „der erste Buchstabe des Wortes ist ein n, der letzte
Buchstabe des Wortes ist ein e."

„Ach so, ja," antwortete H. und las schlank den etwas undeutlich mit deutschen
Lettern geschriebenen Talmudvers vor, den ich in zwei Wortreihen in kleiner
Schrift auf dem vielfach zusammengefalteten Zettel in der rechten Faust hielt.

Ich muß gestehen, daß mir eine Art Gänsehaut über den Rücken lief, als ich
den Zettel aus der Hand auf meinen Schreibtisch warf und ihn geöffnet hatte."

Prof. Schottelius geht dann auf das Gespräch ein, worin ihm der Hellseher
schildert, wie er die Schrift sieht. Er macht sehr interessante Angaben über weitere
Versuche und veröffentlicht auch die Gutachten einiger Ärzte, sodaß nun wohl kein
Gebildeter die Tatsachen des Hellsehens und des Gedankenlesens mehr als unwissenschaftliche
Phantasterei oder Aberglauben abtun kann.

Das Schicksal Europas für 1914. Die bekannte Pariser „Prophetin" Madame
de Thebes hat ihren „Weissagungsalmanach" für 1914 herausgegeben, und es gibt
noch immer viele, die ihre Prophezeiungen mit Ungeduld erwarten. Diese Französin
scheint übrigens wirklich eine ganz merkwürdige Frau zu sein. Sie ist keine
jener primitiv abenteuerlichen Wahrsagerinnen, die sich auf Karten, Kakadus und
„Ahnungen" beschränken; sie betrachtet die Hände der Menschen, die sie eine
„Schicksalskarte" nennt; denn sie sind der beweglichste und ausdrucksvollste Teil
des Körpers.

Madame de Thebes hat das Gebiet der Chiromantie erweitert, indem sie mit
Hilfe medizinischer Gelehrter in den Spitälern ihre experimentellen Studien trieb
und in der Hand jene Spuren verfolgte, die Krankheiten dort untrüglich einzeichnen.
Das und die Empirie ihrer auegedehnten Praxis hat sie so weit gebracht, daß sie sich
nun imstande erklärt, aus den Händen Schicksale zu enträtseln. Da sie im Verlaufe
eines Jahres die Hände zahlloser Menschen sieht, und zwar vorwiegend die Hände
bedeutender und einflußreicher Persönlichkeiten, die Hände von Menschen, die in
leitenden Stellungen stehen, so zieht sie daraus ihre Schlüsse für die Allgemeinheit
und den bevorstehenden Lauf der Welt.

„In überwiegender Mehrheit sehe ich natürlich Frauenhände,4' so erzählt
Madame de Thebes im „Je sais tout", aber daneben selbstverständlich auch die
Hände vieler, vieler Männer, die Politiker, Finanzleute, Künstler sind. Ich darf
auch gestehen, daß schon manch ein Monarch und zahlreiche Fürsten und Prinzen
an die Pforte meiner kleinen Behausung der Avenue de Wagram geklopft haben, in
der ich treu ausharre, weil ich dort glücklich war und noch bin. All diese Menschen
stammen aus den verschiedensten Ländern und gehören den verschiedensten
Nationen an. Jede charakteristische Beobachtung, die ich an diesen Händen mache,
notiere ich mir, natürlich nur ganz vertraulich für mich selbst. Des Abends ordne
ich mir dann diese Observationen nach Nationalität und Beruf. Überdies habe ich
Freunde und Adepten in England, Italien, Rußland, Amerika, kurz, in der ganzen
Welt, mit denen ich eine sehr exakte und ausgedehnte Korrespondenz führe. Ich
erhalte durch sie auch die Photographien der interessanten Hände berühmter Persönlichkeiten
, und auch in ihnen entdecke ich manches, was bedeutsam ist. Diese
Dokumente sammle ich, um am Ende des Jahres meine Schlüsse daraus zu ziehen.
Das ist seit zwölf Jahren meine Ferialarbeit, und zwar keine leichte. Ich widme
mich ihr zumeist des Abends in der Stille und Einsamkeit, wenn die Nacht ins
Fenster meines Gartenzimmers schaut. Dann erfaßt mich eine Art Benommenheit,
ein Fieber, und ich sehe oder wähne vor mir all jene zu sehen, deren Lebens-

Zentralblatt ftijr Okkultismus, VIII, Jahrg. 4


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