Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
8.1914/15
Seite: 284
(PDF, 145 MB)
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Zusammenhang mit der Außenwelt, sind nicht reine Äußerungen des
menschlichen Inneren, aber sie antworten auf die ihnen von außen
zukommenden Reize in gesteigerter Weise. Es fehlt eben das Korrektiv
des bewußten Wahrnehmens, das im Laufe der Entwicklung
bestimmte Anschauungs- und Denkformen herausgebildet hat, die das
Individiuum vor einer Zersplitterung bewahren und nur Reize von bestimmter
Stärke und bestimmtem Charakter zur Wirkung kommen
lassen. Das Unterbewußtsein kennt derartige Schranken nicht.
Wahllos reagiert es auf zarte und grobe Empfindungen, und immer
reagiert es mit einer Überempfindlichkeit, die den Wert des Reizes
bedeutend übersteigt. Aus einer Bettfeder, die den Träumer kitzelt,
formt das Traumbewußtsein den Dolch eines Mörders, eine herabfallende
Vorhangstange kann ihm zum Beil der Guillotine werden,
und das Rasseln des Weckers wird bald als Schellengeläute, bald als
Klirren zerbrechenden Geschirrs genommen. In Wahnzuständen, die
ebenfalls auf einer Einengung des Wachbewußtseins einerseits und
einer Übersteigerung des Gefühlskomplexes anderseits beruhen, besteht
dieselbe erhöhte Reizempfänglichkeit. Ein Kranker, der seinen
Körper mit dem Gebäude, in dem er sich aufhielt identifizierte,
empfand das Laufen der Wasserleitung als Blutentziehung und schrie
vor Schmerzen, wenn er das Geräusch des laufenden Wassers wahrnahm
. Diese dramatische Verkleidung und Zuspitzung der empfangenen
Reize ist das Charakteristikum unterbewußt sich in das Bewußtsein
drängender Empfindungen« Was das Unterbewußtsein wahrnimmt
, formt es zu Geschehnissen und Gestalten um. Einen einfachen
Vorgang kennt es nicht und abstrakte Begriffe sind aus seinem Bereich
verbannt. Es weiß mit ihnen nichts anzufangen und duldet sie
nur, wenn es sie in irgend einer Form personifizieren kann, sei es, daß
es sie zu einem Gott erhöht oder zu einem Teufel erniedrigt.

Die Inkonsequenzen und Übertreibungen, die sich das Unterbewußtsein
bei seinen Reaktionen zu schulden kommen läßt, können jedoch
zur füchterlichsten Konsequenz sich steigern, sobald das Wachbewußtsein
ihm nur den geringsten Spielraum läßt. Dann zeigt sich,
daß dieser Komplex von Empfindungen und Fähigkeiten, der scheinbar
bewußtlos dämmernd in der Seele ruht, sein eigenes Bewußtsein
mit allen Mitteln gegen das gewöhnliche des Tages durchzusetzen
sucht. Es kann sich in solchen Fällen eine zweite, ja eine dritte und
vierte Persönlichkeit neben der ersten herausbilden, mit völlig neuen
Anschauungen und Eigenschaften, und es kann sogar vorkommen, daß
dieses neue Bewußtsein das alte verschlingt. Dieses Ergebnis ist
keineswegs der schlimmste Ausgang. Weit gefährlicher für den geistigen
Bestand des Individuums ist es, wenn die Regungen des andern
Bewußtseins nicht die Kraft haben, sich zu behaupten, aber das normale
auch nicht die Kraft hat, sie zu unterdrücken. Dann lebt das


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