Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
8.1914/15
Seite: 286
(PDF, 145 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1914/0290
bot in diesem Augenblick für seine Umgebung ein höchst groteskes
Schauspiel, befand sich aber, wie sein Biograph Schindler sagt, „selbst
in einer strengen Abgeschiedenheit von allen außer ihm Daseienden,
und niemand durfte es wagen, ihn in seiner „nassen Begeisterung"
zu stören". — Jahre bevor Feuerbach das „Qastmahl des Piaton"
malte, sah er den Kopf des Sokrates in der eigentümlichen Beleuchtung
, in der er auf dem Bilde steht, vor seinem geistigen Auge. Doch
hier wissen wir es mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit, woher dieses
Gesicht stammt. Eine Büste des Sokrates befand sich nämlich im
Vaterhause Feuerbachs, und abendlicher Lampenschein rief dann wohl
jene Verstärkung der Züge hervor, die der Kopf des athenischen Weisen
im „Qastmahl" aufweist. Feuerbach selbst entsann sich dieses
Ausdrucks allerdings nicht, er war ihm gewohnt gewesen und als gewohnter
seiner Erinnerung entschwunden. Wie nachhaltig aber solche
vergessenen Eindrücke sind, lehrt gerade dieses Beispiel.

Der Anstoß, der die gestaltenden Tendenzen des Unterbewußtseins
anregt, kommt nicht immer von außen, häufig beginnen sie frei
aus sich ihr Spiel. Dr. Waldstein gedenkt in seiner Studie über „Das
unterbewußte Ich" einer amerikanischen Dichterin, der die Figuren
ihrer Erzählungen erschienen, während sie mit häuslichen Arbeiten beschäftigt
war. Erst trat eine Person auf, ihr gesellte sich eine zweite,
und plötzlich fand sie sich in einem Knäuel von Geschehnissen, die
sich gleichsam um sie her vollzogen. Das Ganze bedrängte ihre Aufmerksamkeit
derart, daß ihr bewußtes Leben Gefahr lief, gehemmt
zu werden. Um dem zu entgehen, schrieb sie das nieder, was sich
vor ihrem Geiste abspielte, dabei konnte ihre Feder kaum Schritt
halten mit der Schnelligkeit, in der die Ereignisse in der Welt ihrer
Phantasie sich jagten. Ähnlich schildert der französische Dramatiker
Francois de Curel sein Schaffen: „Meine Personen", sagt er, „nehmen
einen so ausgesprochenen Charakter an, daß ich schließlich weiter
kein Bewußtsein von meiner eigenen Existenz habe als insofern und
dadurch, daß ich sie betrachte". — E. T. A. Hoffmann fühlte sich von
den Gestalten seiner Dichtung so bedrängt, daß seine Frau ihm Gesellschaft
leisten mußte während seines Schaffens, um die Furcht zu
vertreiben, die die Schöpfungen seines Geistes ihm erregten. Auch
Balzac lebte mit den Personen seiner Erzählungen, die er leibhaftig
um sich fühlte. Er sprach von ihrem Ergehen, wie dem Ergehen wirklicher
Personen, doch vergaß er dabei keinen Augenblick, daß er ihr
Erzeuger war. Dessen waren sich auch Curel und die amerikanische
Dichterin bewußt. Und weder Goethe noch Beethoven ließen die
nachtwandlerischen Episoden ihres Schaffens sich ausdehnen. Sie
mochten diese Stunden als Zeiten der Anregung nicht missen, aber sie
setzten ihnen Grenzen.

Werden solche Grenzen nicht gesetzt, dann entsteht das, was


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1914/0290