Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
8.1914/15
Seite: 457
(PDF, 145 MB)
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haben. Hatha Joga bleibt also in beiden Formen ein Schaffen guter
oder böser Ursachen, also immer in der Endlichkeit, mag diese auch
ungeheure Zeiträume hindurch dauern.

Wer zuerst das Wesen des Endlichen und seinen Gegensatz, das
Unendliche, erfaßt hat, wer weiß es? Aber dieser Augenblick war die
Geburt der M y s t i k, die wir vielleicht doch mit dem Ausdrucke
Radscha Joga gleichsetzen können. Wer wurde sich zuerst bewußt
der Endlichkeit alles Irdischen, aller Sinneswirkungen, alles
Denkens, Wollens und Fühlens? Wer griff zuerst darüber hinaus ins
Unendliche von Zeit und Raum? Der erste Mystiker, dem auch zugleich
klar werden mußte, daß alles Endliche in und an uns zum Erfassen
des Unendlichen untauglich ist.

Worin besteht nun der Hauptunterschied zwischen Magie
und Mystik? Vielleicht kann uns einer helfen, der zu den größten
Mystikern aller Zeiten zählt, Meister E c k e h a r t, der u. a. auch ein
Sprachschöpfer ohnegleichen war. Dieser Meister hat auch ein Wort
für das vollkommen nichtssagende griechische Wort „Mystik" gefunden
, ein deutsches Wort, das uns mit einem Schlage das Wesen
aller Mystik enthüllt. Wiederholt spricht er von der Gelassenheit
, dem Zustande, daß man um der Gottheit willen alles läßt.
Nun wird uns der große Gegensatz zwischen Magie und Mystik, Hatha
und Radscha Joga sofort klar. Aller Hatha Joga ist ein Tun, ein
Streben, in gutem oder bösem Sinne, also weiße oder schwarze Magie,
aller Radscha Joga im Gegensatze dazu ein Lassen.

Warum? Dieser Gegensatz entspringt aus dem Wesen des Unendlichen
. Schon aus der Mathematik wissen wir, daß oo mal irgend
einer Zahl immer oo gibt, daß man auch nichts hinzufügen kann, immer
bleibt Unendlich ohne Veränderung, also ohne Beziehung zum Endlichen
. Während sich im Endlichen Ziele und Zwecke setzen lassen,
deren Erreichung wir durch Wirken und Tun erstreben können, so
gibt es im Unendlichen weder Zahl noch Zweck. Das Beziehungslose
kennt nicht Zahl noch Maß. Dem Unfaßbaren gegenüber gibt es kein
Tun, sondern nur ein Lassen mehr, ein A b 1 a s s e n vom Endlichen, von
„aller Kreatur", wie Meister Eckehart wiederholt sagt, oder wie
ein Anhänger Schopenhauers sagen würde, ein Fahrenlassen der
gesamten Vorstellungswelt, die ja, um sein zu können, endlich
, begrenzt, voll Beziehungen sein muß. Daher das große Wort des
großen deutschen Meisters, daß man sogar Gott lassen müsse, um mit
der Gottheit eins zu werden. Das heißt also, man muß unbedingt die
Vorstellung eines persönlichen Gottes, kurz jegliche Vorstellung, die
doch immer nur endlich sein kann, aufgeben, um zum Unendlichen zu
gelangen. Unser gesamtes Denken, Wünschen und Wollen ist eben


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