Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
8.1914/15
Seite: 512
(PDF, 145 MB)
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schwache Stützen, wie folgendes Beispiel, das ich herausgreife,
zeigen wird.

Es ist ein Fall, der als vollkommen verbürgt erzählt wird. „Ein
junger Mensch in Florenz träumt, daß ein großer, steinerner Löwe,
der in der Vorhalle einer der Kirchen der Stadt steht, ihn tödlich verwundet
habe. Am folgenden Morgen erzählt er diesen Traum auf dem
Wege nach derselben Kirche mehreren ihn begleitenden Freunden, und
um sich vor diesen von jedem Verdachte abergläubischer Furcht zu
reinigen, steckte er seinen Arm in den offnen Rachen des Steingebildes
mit den Worten: „Nun, beiß zu!44 Unmittelbar darauf aber sieht man
ihn erblassen und erzittern und bei näherer Untersuchung findet sich,
daß ein in der Rachenhöhle des Löwen versteckter Skorpion den übermütigen
Freidenker gestochen und ihm damit eine Wunde beigebracht
hat, welche nach wenigen Stunden wirklich den Tod herbeiführt. Also
der Traum ist buchstäblich eingetroffen sagt man. Aber sehen wirs
recht an, sagt Hildebrandt, so schmilzt doch hier die behauptete Beweiskraft
für die Prophetie in nichts zusammen. Der Tod allerdings ist
erfolgt und vielleicht schneller, als der warnende Traum es voraussagte
. Aber er ist doch von ganz andrer Seite hergekommen. Der
Löwe sollte der Mörder sein. Wir fragen, was hatte das im Bilde desselben
hausende giftige Reptil mit dem Traume zu schaffen? Ein seltsamer
Zufall allerdings, der hier sein Spiel treibt. Aber Seltsamkeit
liegt ja eben im Begriffe dessen, was wir Zufall nennen. Hier nun
waltet der Zufall allerdings auf eine Weise, die aussieht, als habe er
das Traumorakel erfüllt. In Wahrheit jedoch hat er's durchkreuzt und
seine Erfüllung für immer unmöglich gemacht. Der steinerne Löwe hat
dem Toten nichts zu Leide getan und wird ihm hinfort in Ewigkeit
nichts mehr zu Leide tun.44

Ich kann mich dieser Beweisführung nicht anschließen. Der
Traum hat eben bildlich das Unglück prophezeit. Der steinerne
Löwe kann natürlich nicht beißen, aber er war es doch, der den Tod
verursacht hat, denn er barg in seinem Rachen das giftige Reptil. Zufall
? Mit Zufall kann man alles erklären, allein es ist ein leeres Wort,
das in Wirklichkeit nichts erklärt.

Die symbolische Methode der Traumdeutung verwirft die moderne
Wissenschaft mit Recht. „Sie scheitert44, bemerkt Prof. Freud,
„an allen verworrenen und unverständlichen Träumen. Es fehlt jede
Garantie, daß der Schlüssel, das Traumbuch verlässig ist.44 Wie schon
bemerkt, ist ja bei der Deutung von Symbolen der Willkür Tür und
Tor geöffnet. Hildebrandt sagt hier sehr treffend: „Wer gibt uns denn
eigentlich das Recht, dies oder jenes Traumbild so zu deuten, daß es
diese oder jene Begebenheit der Zukunft andeuten wolle? Ja, wer gibt
uns das Recht, das Bild überhaupt als ein bloßes Symbol, das an Stelle
eines tatsächlichen, ihm vielleicht ganz fremdartigen Vorganges stehe,


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