Freiburger historische Bestände - digital

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Hai-tang sagte beiläufig: „Ich höre sie sprechen oder denken ....
ich sehe auch, was sie denkt .... sie ist in großer Furcht, denn alles ist
dunkel um sie ... . ganz dunkel .... und sie ist eingesperrt . . . aber
wo? .... Ich weiß nicht .... aber sie hat etwas getan, das ihr Sorge
bereitet .... sie hat ein schlechtes „pidgin" (Pitschen) *) gemacht ....
Der „Yang-tschüh-yüh" trägt die Schuld ... sie hat ihn 4hrer Herrin genommen
. . . jetzt fürchtet sie sich . . . wie soll sie ihn zurückgeben? . .
Sie schämt sich . . . aber es ist noch etwas . . . wie soll sie heraus aus
dem dunkeln Kasten? Dieser ist ja fest zugesperrt ... sie kann ihn nicht
öffnen ... es geht nicht ... sie hat den Schlüssel nicht . . . der steckt
aber auch draußen nicht im Schloß, sie blickt jetzt durch das Schlüsselloch
; . . . der Herr hat den Schlüssel wahrscheinlich mitgenommen..."

Die nächsten Worte, die Hai-tang sprach, überhörten wir, denn Edward
griff mit einem leisen „Goddam!" in die Westentasche, zog einen Schlüssel
hervor und flüsterte John zu: „Hier ist wirklich der Schlüssel! Sara befindet
sich offenbar oben auf dem Dachboden in meinem Kasten! Wir haben
die Türe offen gelassen, als wir das Kursbuch holten. Sara hat sich dann
— der Himmel weiß warum — in den Kasten begeben und hat die Türe von
innen zugezogen. Da ist sie freilich gefangen, denn das Schloß kann ohne
Schlüssel nicht geöffnet werden. — Aber was ist es denn mit dem „Yang-
tschüh-yüh"? Hat das Mädchen dir, Alice, einen solchen Stein gestohlen?"

Bei dieser Frage hatte sich Edward mir zugewendet. Er war ganz
blaß und sichtlich aufgeregt. Auch John war, wie ich jetzt sah, erblaßt.
Hai-tangs merkwürdige Aussagen versetzten die Beiden in Aufregung. Da
Hai-tang aber noch immer sprach, winkte ich ihnen zu, sich stille zu verhalten
. Und wir horchten jetzt wieder auf die Worte der „Zauberin".
Diese sagte soeben: „. . . sie weint, denn sie fürchtet sich immer mehr...
jetzt versucht sie wieder, die Türe zu öffnen ... es hilft aber nichts, ohne
Schlüssel geht es nicht . . . was soll sie tun? Sie will rufen, schreien...
doch sie schämt sich . . . Jetzt ... oh . . . dort hängt etwas . . . .
an einem starken Nagel . . . was ist es? . . . Sehen kann sie es nicht, es
ist ja ganz dunkel in dem Kasten ... es ist glatt und fest ... ah... es ist
ein Riemen und . . . was?! ... sie will sieh erhängen . . . sie wird sich
erhängen . . .!"

Hier hielt Hai-tang inne. Die verzweifelte Lage Saras schien die

Somnambule trotz ihrer im gewöhnlichen Bewußtseinszustand gegen Sara

gehegten Feindschaft doch sehr aufzuregen. Sie streckte die Glieder, hob

das Haupt und war offenbar im Begriff, zu ihrem gewöhnlichen Bewußtsein

zurückzukehren. Wir warteten letzteres aber nicht ab, sondern eilten alle

drei hastig auf den Dachboden und dort zu dem sogenannten Kasten. Diesen
benützte sie zur Aufbewahrung verschiedener Sportausrüstungsgegenstände,

alter Bücher usw. Fenster hatte dieser Raum nicht, und sobald die Türe

*) Laut bezüglicher früherer Bemerkung so viel wie „Cusiness", d. h.
„Geschäft".