Freiburger historische Bestände - digital

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Allvaters Raben. Eine alte Frage auf neuer Grundlage beantwortet. Alle
Volkssagen und Märchen beruhen bekanntermaßen auf irgend einem Qrund, den
die Volksphantasie wohl erkannt, aber nicht in seiner ganzen Tiefe erfaßt und verstanden
hat. Die wogenden Nebel sind die Schleier der Waldfrau, oder es heißt
von den aus den Wiesen aufsteigenden Dämpfen: der Fuchs braut Bier oder die
Waldfrau kocht.

So wie hier haben auch die Alten ihre Beobachtungen gemacht und daraus
ihre Schlüsse gezogen.

Die Griechen gaben ihrem Obergotte Jupiter den Adler zur Seite, der den
flammenden Blitz in den Fängen trug. Die alten Germanen aber gesellten ihrem
Gottvater zwei Raben zu, die ihm die Weisheit der Welt zutrugen und ihm Licht
schafften für sein eines verdunkeltes Auge.

Wie aber ist das zu verstehen, denn für uns sind Raben doch grade keine besondern
Lichtträger, und kein Hochgenuß ist es, ihrem zänkischen Gekrächs zu
lauschen.

Der alte Lehrer der Magie, Halle, dessen vielbändiges Buch 1784 beginnend
bis 1787 fertig herauskam, hat ein Mittel gefunden, das der Überlieferung einen bestimmten
Grund unterlegt.

Wenn Körper — Raben, größere dunkle Vögel überhaupt — bei Sturm und
Gewitterneigung hoch fliegen, mit dem bekannten Seitenschlag der Flügel, der dazu
bestimmt ist, das Gleichgewicht zu erhalten, so schillern sie in der mit Elektrizität
beschwerten Luft wie feurig umrahmt, oder doch geht eine Art flammendes Flui-
dum von ihnen aus.

Diese uralte Beobachtung soll Anlaß zu dem Mythos von den klugen Raben
des. Wotan und zu dem feuertragenden Adler des Jupiter Veranlassung gegeben
haben, ,

Daß die scharfe und dabei naive Beobachtung im Volke auch heute noch vorhanden
ist, dafür geben genügende Äußerungen Zeugnis. L.

Mensch und Qott. Ein Freund unsrer Zeitschrift, Max Jaspersen, schickte
mir vor einiger Zeit ein Heftchen ins Feld: „Das innere Wort, die Stimme
t- es Höchste n." Die allen Konfessionen gemeinsame innere Anleitung zum
Gottesgehorsam aus biblischen Quellen als göttlich erwiesen — mit Versand-
unkosten 30 Pfg. von Max Jaspersen, Hamburg 37, Hochallee 106 — ein Heftchen,
das iph. nachdenklichen Lesern ans Herz legen möchte. Denn außer einer recht
guten Einführung enthält es ein ausführliches Frage- und Antwortspiel über das
innere Wort Gottes, die Offenbarung Gottes in uns, von Johannes Tennhardt, einem
heutzutage viel zu wenig gekannten und beachteten Mystiker oder doch den Mystikern
nahestehenden Gottsucher.

Sehr gern hätte Herr Jaspersen einen Austausch Gleichstrebender, und ich
gebe seine Anregung hier bereitwilligst bekannt, indem ich am besten aus seiner
Einführung einen kleinen Absatz biete:

„Wenn die Menschen in ihrem Verkehr miteinander den Glauben als Grundlage
benötigen, wie töricht erscheint dann die Forderung der vielköpfigen Menge,
in ihrem Verhältnis zu Gott ein Wissen als Grundlage besitzen zu wollen? Die
göttlichen und gottesverehrlichen Dinge gehören in das Bereich des Glaubens!

Wir haben auf Gottes verehrlichem Gebiete zwei Dinge streng zu unterscheiden
:

1. Die Vorstellungen von Gott, d. i. unsere Konfession, und

2. den Gehorsam gegen Gott, d. i. unsere Gottesverehrung.

Der Umstand, daß diese beiden durchaus verschiedenen Begriffe fortwährend
durcheinander geworfen werden, hat schon das größte Unheil über einzelne und
über ganze Völker hervorgerufen.