Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
10.1916/17
Seite: 290
(PDF, 124 MB)
Bibliographische Information
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Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

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weil sie nicht merken, daß eine magnetische Verbindung besteht zwischen
dem Denkenden und dem, an den es gerichtet war. Oft kommen wir nicht
los von unseren Leidgedanken, bis uns ein Mensch in den Weg tritt und uns
das erlösende Wort zuruft: „Hebe deine Augen auf zu den Bergen, vo«
welchen dir Hilfe kommt". Und sofort wird dieses Wort zur Anziehungskraft
meines Geistes und hebt mich aus meinem dumpfen Zustand heraus.
Jetzt kann ich wieder aufatmen, denn ich denke nun über mich selbst hinaus
. Jetzt ist dieses Wort zu einem Kraftwort geworden, das mich nicht
mehr losläßt und in meinem Innern immer weiter tönt. Ich habe es vielleicht
früher schon oft gehört und gelesen, aber es hat mich nie berührt
ich blieb dabei gleichgültig. So gibt es heilige Worte, die mir zu gewisse»
Zeiten eine ganz besondere Kraft geben, wenn sie auf den Grundton meines
Wesens eingestimmt sind. Solche Worte reden besonders die Dichter.
So muß ich zuerst reif sein für die Wahrheit, ehe sie wirken kann. Sodann
muß ich sie an der Quelle suchen, wenn ich sie in ihrer ganzen Kraft erfahren
will. Warum spricht uns ein Gemälde, eine Melodie oder ein Buck
an, während ein anderes uns kalt läßt?

Was ist die geheime Anziehungskraft, die uns immer wieder zu einem
Kunstwerk drängt, warum wirkt es so tief auf unsere Seele, daß seine
Zaubermacht uns nicht losläßt, und bei unserer Trennung von dem sichtbare»
Bild wird es uns zu einem unsichtbaren Begleiter? Weil in einer Starrel
Form Leben pulsiert, weil die Gedankenkraft des Künstlers die Darstellung
beseelt. Und diese Beseelung, die so nachhaltig ist, daß sie nach Jahrhunderten
immer fortwirkt, ohne zu verlieren an ihrer Kraft, sie kann nur aus
der Unsterblichkeit hervorgegangen sein, weil sie in ihrer Wirkung unsterblich
ist. So muß also die Kraft nur bei dem Künstler ewig jung bleiben,
der zu einem Kanal der geistigen Welt geworden ist, der inspiriert wird.
Wer aber diesen Anschluß nicht sucht, der schafft nur aus Nachahmungstrieb
und dieses Schaffen läßt kalt und unberührt, weil ihm die Ursprünglichkeit
fehlt. Deshalb sagt der Seher Johannes: „Im Anfang war das Wort",
d. h. im Anfang war der schöpferische Gedanke, der sich offenbart im
Wort. Der Gedanke aber ist wieder ein Ausfluß des unendlichen Geistes.
Diesem schöpferischen Gedanken sind wir besonders nahe bei dem Bück
auf den Sternenhimmel in einer klaren Nacht. Hier ersteht uns eine ganz
neue Welt, wo wir für einige Minuten unser Leid und Schicksal vergesse»
können, wo sogar an Stelle der Traurigkeit, der Angst und Furcht ein überströmendes
Kraftgefühl sich unserer bemächtigt, welches sich in einem
inneren Aufjauchzen, in einer Jubelstimmung Luft macht.

Was ist aber dieser Vorgang anders als eine Gedankenkonzentration
auf das Allbewußtsein. Und wenn Sie für einige Minuten im Allbewußtsein
der Natur eine Befreiung des Geistes erleben, warum sollten Sie nicht täglich
, stündlich, ja jeden Augenblick sie erleben können? Da der Geist nicht
gebunden ist an Zeit und Raum, da er überall schnell wie der Blitz sei«


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