Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
10.1916/17
Seite: 489
(PDF, 124 MB)
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Alte chaldäische Weisheit, über die Hebräer auf uns gelangt, faßt das ge-
fundene Gesetz in die Worte des Psalmisten:

„Wo soll ich hingehen vor deinem Geist? Und wo soll ich hinfliehen
vor deinem Angesicht? Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe
am äußersten Meer, so würde mich doch deine Hand daselbst führen
und deine Rechte mich halten." (Ps. 139.)

Ja fürwahr, den Gesetzen des eigenen Ich, einströmend in dich und identisch
mit dem vorbewußten Sein, der unaussprechlichen, unfaßbaren heiligen Gottheit
, kannst du nicht entgehen, lieber Menschenbruder, denn dir selber kannst
du nicht entfliehen. Dort, wo du bist, ist das Gesetz in dir, ist Gott.

Die gefundene Gleichung, welche übrigens objektiv das Kausalitätsgesetz
bedingt, bedeutet also im ethischen Sinne, daß jede seelische Regung bez. Handlung
zu ihrem Ursprung, dem „Ich", zurückkehrt. Genau so, wie eines schönen
Tages die Planeten wieder in die Sonne stürzen, mit derselben Sicherheit stürzen
alle unsere Gedanken, Wünsche, Absichten und Regungen auf das Ich zurück.
Wenn dem so ist, und es unterliegt keinem Zweifel, daß das Kraft- bezw. Energiegesetz
(Ostwald) sowohl objektiv wie subjektiv als wirkend angesehen werden
muß, so ist damit der Kern der Sittenlehre auf eine naturgesetzliche Basis
zurückgeführt, und in dieser Weise auf festem Grund verankert, läßt sich das
Sittengesetz in streng logischem Aufbau kontrollieren und 'gegebenen Falles
berichtigen. Der Zustand der Empirie ist beseitigt und der Nebel rein persönlicher
Ansichten, der auf diesem Gebiet von jeher die unheilvollsten Folgen gezeitigt
hat, ist zerstreut.

Zunächst hat das Wort „du sollst", nachdem es gegenüber der Unwissenheit
und gegenüber dem Tiermenschen als begründet und berechtigt erfunden
ist, für den, der das Lebenskröüz kennt, seinen Sinn als Zwang eingebüßt. Jede^
Verständige wird zugeben, wenn die Sache so liegt, wäre es hagebüchener
Blödsinn, dem Mitmenschen irgend etwas Nachteiliges oder Schädliches zu
gönnen oder zu wünschen, denn der Endesgefertigte ist in jedem Falle der Urheber
, nicht der Mitmensch. Also Haß, Neid, Zorn, Rachedurst, kurzsichtige
Selbstsucht und viele andere Triebe sind die schlimmsten Schädlinge im eigenen
Seelengarten, sie schaden ihrem Träger ganz ungeheuerlich viel mehr wie dm
Mitmenschen, auf den $ese niedlichen Dinge in Verblendung losgelassen Wentel.
Verstehen wir nun, warum Theosophie und Okkultismus immer von neuem
den Grundsatz aufstellen: „Friede allen Wesen", was der eigentliche Grund
des von dem Klerus aufbewahrten Christengrußes: „Pax vobiseum" ist?

Das Gebot „du sollst deinen Nächsten lieben als dich selbst" ist im
übrigen nichts spezifisch Christliches, es kommt bereits in der ägyptischen Sittenlehre
zum Ausdruck (Totenbuch 125), Moses bringt es bereits im Leviticus 19
V. 18 mit der mystischen Begründung „denn ich bin der Herr", und Laotse
bezeichnet etwa 600 v. Chr. in seinem Tao-teh-king im 35. Kapitel bereits die
Nächstenliebe als die vornehmste der Pflichten. Ebenso schreibt Zoroaster im
„Zendavest" etwa 550 v. Chr. die Nächstenliebe als Willen Ahuramazdas den


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