Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
12.1918/19
Seite: 364
(PDF, 112 MB)
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Das Mißverstehen Christi in seinen eigenen Kirchen ist so groß, daß nur
die Geheimtradition mit dem „Heiligen Geist" etwas anzufangen weiß, nur sie
erzählt — was zweifellos aus inneren Gründen den Tatsachen gerecht wird —
Christus habe ihn erworben, indem er einer Geliebten verziehen habe.

Nun wird es auch ohne weiteres klar, weshalb niemand definieren kann,
was der Heilige Geist eigentlich ist. Wir können seine Wirkung dankbar in
unserer Brust verspüren und unser Leben nach ihm führen — wobei wir zu
unserem Erstaunen bemerken werden, daß er uns weit mehr Freiheit läßt, weit
mehr Lebensgenuß gestatte* als die Moralvorschriften der Kirchen — aber
wir können ihn nicht definieren. Ebensowenig oder noch weniger als die
Elektrizität. Wir verstehen jetzt auch, warum Christus sagen konnte, daß jede
Sünde uns „verziehen" wird, nur nicht die gegen den Heiligen Geist Weil
diese innere Stimme, für die Zeit und Raum nicht existiert, die genau den letzten
Moment kennt, in dem uns durch Befolgung ihrer Warnung noch zu helfen ist,
nur in großen Fragen spricht und nur dann, wenn wir uns aus eigener Kraft
nicht mehr helfen können. Gehorchen wir nicht, so haben wir eben die Folgen
selbst zu tragen, und sie sind oft irreparabel, stets verhängnisvoll. So und nur
' o dürfen Christi Worte aufgefaßt werden. Wer daher das Daimonion nicht
besitzt, kann gar nicht die „Sünde wider den Heiligen Geist" im prägnanten
Sinne begehen, sondern nur insofern, als er nicht die Gebote der Nächstenliebe
, der Herzensgüte und Ehrenhaftigkeit erfüllt die nach vielen, vielen Leiden,
viel innerer Zermürbung, Verkennung seiner lautersten Motive und Verfolgungen
ihn allmählich reifen und würdig machen, Behausung des „Heiligen
Geistes" zu werden.

Daß auch die innere Stimme ganz und gar nicht „gutmütig", sondern gul
ist, das Gute, geht u. a. daraus hervor daß sie nur ein einziges Mal in
jeder Angelegenheit, wenn man nicht sofort folgen will, warnt; Langmut aber beweist,
wenn man zwar gehorchen will, aber es nicht kann, weil man sie nicht recht
versteht Hat man sie aber verstanden und ist unfolgsam aus Schwäche und
Furcht vor persönlicher Gefahr, dann verstummt sie sofort. Sie fordert daher
nicht nur außordentlich viel, bis sie uns der Gnade würdigt sie zu behausen,
sondern sie fordert auch viel, nachdem sie in uns eingezogen ist Und doch
ist sie der kostbarste Besitz, den man sich im L eben
erwerben kann, weit vorzuziehen jeder Königskrone und den Roth-
schildschen Millionen, auch viel beglückender.

Warum die Okkultisten das Problem nie erfaßten, wird nun auch leicht zu
verstehen sein. Älle jene Mystiker, die wirklich etwas wissen, schweigen.
„Tiefste Weisheit ist Schweigen!" lehrt nicht grundlos das alte Indien. Die
Forschenden aber können unmöglich das Wesen erfassen, wenn sie es von
außen betrachten, so wenig, wie man das Rätsel der Liebe lösen kann, mag man
noch so viele Liebespaare in ihrem Gehaben beobachten und mit ihnen experimentieren
. „Wenn ihr's nicht fühlt, ihr werdet's nie erjagen."


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