Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
13.1919/20
Seite: 4
(PDF, 128 MB)
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Ich beginne also damit, zu zeigen, daß zu einem frohen Lebensgenuß
relativ sehr geringe Mittel gehören.

Dies wird durchaus nicht jeder bestätigen, weil die Auffassungen von
dem, was man „genießen" nennt, sehr verschieden sind. Der eine empfindet
höchsten Genuß durch Änschauen der Natur, die sich ihm in unserem Grunewald
z. B. darbietet, und braucht, um sich einen genußreichen Sonntag zu
verschaffen, höchstens 5 Mk. Ein anderer Naturschwärmer muß schon, um
genießen zu können, ein paar Stunden mit der Bahn fahren, in den Spreewald
z. B., nach dem Harz oder nach Thüringen. Der braucht also schon bis
10 mal so viel Geld, um genießen zu können. Ein dritter kann absolut nirgends
anders als in der Schweiz seines Lebens froh werden und braucht schon
100 mal so viel Geld für seinen Genuß.

Eine andere Form von Genießen ist der Kunstgenuß, als Künstler,
Dilettant oder Zuschauer bzw. Zuhörer. Äuch dabei gibt es jede Äbstufung
der Bedürfnisse. Mancher ist schon beglückt, wenn er einen Leierkasten oder
Dudelsack hört, ein anderer muß unbedingt erstklassige Künstler und Kunstwerke
sehen und hören.

Dann kommen die Genüsse der niederen Sinne, des Gaumens und der
Zunge vor allem. Ich brauche nur zu sagen, daß dem einen sein Wasser
und Brot vielleicht besser schmeckt als dem anderen sein Sekt und seine
Hustern, um die erheblichen Gradunterschiede der Bedürfnisse auch hier zu
konstatieren.

Und ebenso ist es mit allen anderen Genüssen. Sie können alb viel
kosten, aber sie können auch wenig kosten. Es ist lediglich eine Frage
der Gewöhnung.

Und hier stoßen wir auf das erste große Geheimnis des Genießens. Sehr
verbreitet ist heutzutage die Sucht, d a s zu genießen und zu besitzen, was man
nicht bezahlen kann. Wer im billigen N. wohnt, möchte im teuren W. wohnen.
Wer eine M!eh> ohnung hat, möchte eine Villa haben. Dies nur e i n Beispiel
für tausend andere.

Was mag wohl die Ursache dieser krankhaften Sucht sein? — Ganz allein
die Unfähigkeit, das, was man besitzt,'was man sich leisten kann, voll
zu genießen. Immer richten sich die hungrigen Blicke auf das, was andere
haben und genießen, und es ist eine wahrhafte Komödie, zu sehen, wie alles
den mehr Begüterten nachgemacht wird.

Selten findet man das würdige, stolze Bewußtsein, daß der noch so kleine
Besitz eigener Besitz ist, selten findet man Liebe zu diesem eigenen Besitz,
denn er wird als zu gering empfunden und mißachtet. Hier liegt die Ursache
verborgen zu tausend Unzufriedenheiten des heutigen Großstadtmenschen.

Denn es ist doch allbekannt, daß Geld, Besitz, Genuß an sich über-


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