Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
14.1920/21
Seite: 509
(PDF, 132 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1920/0513
— 509 —

schrei und Geheul, mit dem sie auch das wilde Tier und den in ihm
wohnenden bösen Geist verjagen. Noch viel deutlicher zeigt sich das
Magische im Weihrauch. Der heilige Rauch soll unter Gebeten und Beschwörungen
nicht nur alles Böse verdrängen. Auch entheiligte Räume,
Zimmer von Kranken werden ausgeräuchert, um durch die Rauchwolken
nicht nur symbolisch alle feindlichen Geister und Einflüsse zu bannen.
Man will auch das bekannte Gewitterschießen dahin beziehen, ob mit Recht,
ma g dahingestellt sein.

Man kann sagen, daß es in den griechischen, römisch-katholischen
und anglikanischen Kirchen keine Zeremonie gibt, die nicht ihre okkulte
Bedeutung hätte. So die Talismanfrage. Nicht nur, daß der Okkultist aus
den Gestirnkonstellationen das Material für den ihm günstigen Talisman
erfährt, der Magier weiß jeden Gegenstand mit guten oder bösen Einflüssen
zu durchsetzen. Dem entspricht in der Kirche der Reliquienglaube, dessen
ans Wunderbare grenzenden Heilerfolge ja bekannt sind, und der Brauch,
kirchlich geweihte und gesegnete Heiligenbilder, Madonnenfiguren und Amulette
bei sich zu tragen oder im Hause aufzustellen, um bösen Einflüssen
zu begegnen. Das Talismanwesen hat eine viel tiefere esoterische
Bedeutung, als man annimmt. Auch die Wilden huldigen ihm ganz außerordentlich
stark. Die magische Beschwörungskunst geht bei ihnen sogar
so weit, daß nicht nur der böse Blick, sondern auch alle Exkremente,
Reste von Mahlzeiten, überhaupt alle Spuren persönlicher Anwesenheit Gelegenheit
bieten, einen Menschen zu „verzaubern", d. h ihn dem Einfluß
böser Geister preiszugeben und ihren Einfluß auf ihn herabzubeschwören.
Der Medizinmann genießt bei ihnen den größten Einfluß. Wie der Augur,
der antike Priester, vermag er aus Opferrauch, aus den Eingeweiden der
Opfertiere die Zukunft zu erkennen, und wie der Inder verfügt er in der
medizinischen Kunst über Mittel mit erstaunlicher Kraft, deren Höhe unsere
Naturheilkunde noch lange nicht erreicht hat Sind uns doch wissenschaftlich
Beispiele der Bestimmung des Geschlechtes im Mutterleibe, der Fruchtbarmachung
eines nicht empfängnisfähigen Weibes und vieles andere bekannt
und bewiesen, was unserem Denken übernatürlich und geheimnisvoll erscheint
und nichts anderes ist als Magie.

Es würde zu weit führen, alle Kulte und Volksgebräuche allein aus
unseren Tagen zu besprechen. Betreffs des hochinteressanten Problems
des Kainszeichens verweise ich auf den Roman „Demian" von Sinklair,
der darüber sehr viel Wahres und Nachdenkliches aussagt und für den
Okkultisten überhaupt besonders lesenswert ist.

Zum Glauben gehört das Gebet, zum Gebet das Fasten. Das vergessen
oft die Gläubigsten, wenn sie den wissenschaftlichen Okkultismus
als Teufelswerk verfluchen und nicht wissen, daß jedes Gebet Magie ist,
ein Versuch zur Beeinflussung unsichtbarer Mächte, an welchen Gott sich


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1920/0513