Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
15.1921/22
Seite: 131
(PDF, 131 MB)
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seiner guten Eigenschaften wegen, und je mehr er sieh bemühte, andere
glücklich zu machen und sein eigenes Selbst dabei vergaß, desto größer
war das Gefühl des Glückes und der Zufriedenheit, das bei ihm einkehrte.
Was er früher vergebens ersehnt und wonach er mit aller Kraft gerungen
hatte, fiel ihm jetzt, da er garnicht mehr an sich selber dachte, unerwartet
von selbst zu.

Als ich über diese Veränderung nachdachte, sagte mein Fährer:
„Wann war dieser Mann glücklicher: in den Stunden, als er in anbeschränktem
Genüsse schwelgte und nur an sich selber dachte oder jetzt,
nachdem ihn nach Ansicht der Menschen ein so großes Unglück traf?44

Ich antwortete: „Es scheint, das Unglück ist zu seinem Glück gewesen
; denn wäre es nicht gekommen, so wäre er eines schmählichen
Todes gestorben. Ich bewundere die große und günstige Veränderung, die
das Unglück in dem Manne hervorgerufen hat."

„Du siehst nun", sagte mein Führer, „daß die Menschen, sobald sie
von einem Unglück getroffen werden, fast verzweifeln und es nicht einzusehen
vermögen, daß auch im Unglück ein wirkliches Glück verborgen
liegen kann, während oft in dem, was die Menschen Glück nennen, ein
großes Unglück für sie liegt. Hoffentlich wirst du das eben Geschaute
richtig zu erfassen und zu deuten vermögen, dann hast du mehr gelernt,
als ich dir mündlich hätte beibringen können. Jetzt behalte alles gut im
Gedächtnis und folge mir!"

Wir erhoben uns in die Lüfte, schwebten nach der nahen Stadt und
bald befanden wir uns in einem großen Mietshause. Wir betraten ein
ärmliches Kämraerchen. Ein alter, fast bis zum Skelett abgemagerter Mann
saß auf einer eisernen Truhe und blickte ängstlich, ich möchte sagen fast
wie ein Irrsinniger um sich. Als ich ihn eine Zeitlang betrachtete, sah
ich, wie er sein Leben lang nach Geld, seinem höchsten Ideale, gerungen
hatte, wie er ein Wucherer der schlimmsten Sorte war und andere um
Hab und Gut brachte, um seinen Reichtum zu vermehren. Tag und Nacht
hatte er gerungen und sich in seinem ganzen Leben kein ruhiges Stündchen
, kein noch so hannloses Vergnügen, keine richtige Nahrung und keine
gute Kleidung gegönnt. Daß sein heißes Ringen nicht erfolglos war, sah
ich, als er mit sichtbarer Befriedigung seine Truhe öffnete und die Gold-
und Silbermünzen durch seine haderen Pinger gleiten ließ. Ich sah, wie
er in seiner Angst, daß sein Geld weniger werden kannte, es nicht einmal
wagte, an die dringendsten Bedürfnisse seines Lebens zu denken. So saß
er denn bei seinem Golde und —- hungerte. Früher hatte er doch wenigstens
den Mut, seinen Schatz einige Zeit zu verlassen und sich etwas zu
erbetteln, um seinen Hunger stillen zu können, jetzt aber wagte er sich
aus Furcht, es könnte ihm sein Liebstes geraubt werden, nicht mehr aus
dem Hause, ja er getraute sich nicht einmal mehr zu schlafen. Eines

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