Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
15.1921/22
Seite: 132
(PDF, 131 MB)
Bibliographische Information
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Tages sank er dann vor Hunger zu Boden und starb. — Niemand kümmerte
sich um Ihn. Erst als der karge Zins fällig war und der Hausmeister kam,
diesen in Empfang zu nehmen, wurde, als die Türe auf wiederholtes Klopfen
nicht geöffnet wurde, diese aufgesprengt. Welcher Anblick bot sich nun!
Der Mann, den er so oft wegen seiner Armut bedauert hatte und dem er
unzählige Male von seinem geringen Verdienste einige Lebensmittel schenkte,
der lag tot vor einer mit Gold- und Silbermünzen gefüllten Truhe, diese
noch im Tode ängstlich umklammernd, als wollte er sie mit ins Jenseits
nehmen.

Da sprach mein Führer: „Dieser Mann hatte doch auch Geld, die
Quelle alles Glückes, im Überfluß. Sage mir, hat sein Reichtum ihn glücklich
gemacht?"

„Wirklich nicht", antwortete ich, „der Mann wagte es ja nicht einmal
, sich das allernötigste zu schaffen; ich kann garnicht verstehen, wie
man ein solcher Sklave des Geldes werden kann. Fast möchte ich sagen,
nicht der Mann hatte das Geld, sondern das Geld hatte ihn."

„Du siehst nun deutlich", sagte mein Lehrer, „wie die Menschen sind.
Der eine glaubt im unbeschränkten sinnlichen Genuß, der zweite im Zusammenscharren
eines möglichst großen Geldhaufens, ein dritter in der
Befriedigung seines krankhaften Ehrgeizes usw. wirkliches Glück zu finden.
In einem Punkte aber stimmen alle überein: sie sind selbstsüchtig, und um
für ihr eigenes Selbst Vorteile zu erringen, nehmen sie auf ihre Mitmenschen
keine Rücksicht. Hier gilt das Faustrecht, wer seinen Bruder übervorteilen
oder bestehlen kann, der tut es unbekümmert, welch geringen Nutzen er
und welch großen Schaden der andere auch dadurch hat. Diese Menschen
haben ihr eigenes „Ich4i zu ihrem Götzen gemacht, dem sie ihr Leben lang
huldigen und die schwersten Frondienste leisten. Diese übertriebene Sorge
um das eigene „Ich" ist es, die diesen Menschen keine Ruhe läßt und sie
zu immer neuem Ringen antreibt, ohne sie je Befriedigung finden zu lassen."

Wir verließen den Toten x) und ich folgte meinem Führer zu einem
der größten Häuser der Stadt. Als wir eintraten, fanden wir den Besitzer,
obwohl es schon spät in der Nacht war, an seinem Schreibtisch sitzen und
Pläne zu neuen Spekulationen ausdenken. Ich sah, als ich ihn beobachtete,
daß er ein sehr erfolgreicher Spekulant war. Nur selten mißglückte ihm
etwas, und auf sein bisheriges Gelingen bauend, war er eben im Begriffe,
eine bedeutende Spekulation zu unternehmen; sein ganzes Vermögen stand
auf dem Spiel, doch die Aussicht, das Doppelte zu gewinnen, ließ ihn ohne
viel Bedenken den Einsatz wagen. Die Spekulation schlug gänzlich fehl,

*) Der Leser wird gebeten, nicht alles hier symbolisierte ganz wörtlich zu
nehmen. Vermöge der Fähigkeit in die Zukunft zu sehen, wird das Geschaute
als wirklich geschehen angenommen. Dementsprechend ist auch die hier gebrauchte
Ausdrucksweise aufzufassen.


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