Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
15.1921/22
Seite: 185
(PDF, 131 MB)
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oft besungen, schaue aufmerksam in die Herzen der beiden Liebenden,
vielleicht kannst du die Grundlagen zu wahrem Glück entdecken oder
wenigstens die Bedingungen studieren, die zu der Liebe Glück erforderlich
sind."

Als ich nun in das Herz des jungen Mannes schaute, da wurde mir
offenbar, daß er das Mädchen ausfolgenden Gründen gerne besitzen wollte:
er sagte sich, das Mädchen ist schön, gut, freundlich, hingebend, gesund
und vor allen Dingen sehr reich; wenn ich ihren Besitz erringe, habe ich
nicht nur ein hübsches, lielevolles Weib, sondern auch ein sorgenfreies
Leben. Durch eine Heirat mit ihr kann ich mein bisheriges Ansehen
ganz bedeutend vergrößern und befestigen. Ich fühle es, daß jede Faser
meines Herzens sich danach sehnt, dieses begehrenswerte Mädchen zu
besitzen.

„Hast du gesehen, wie heiß der Mann den Besitz dieses Mädchens
ersehnt", sprach mein Führer, „und diese Begierde nennt er schnöder
Weise — Liebe." — Für ihn ist die Verbindung mit dem Mädchen nichts
weiter als — ein Geschäft; er berechnet ja auch, wie ein Kaufmann, was
für Vorteile ihm diese Heirat bringen würde. Nicht Liebe, sondern Selbstsucht
ist die Triebfeder zu der ersehnten Verbindung. Er dachte nicht
daran, ob das Mädchen sich bei ihm auch glücklich fühlen würde und ob
er in der Lage sei, sie wahrhaft glücklich zu machen. Das Glück des
Mädchens kümmert ihn nicht, er denkt nur an die Befriedigung seiner
eigenen Wünsche; wahrlich solche Grundlagen können keine glückliche
Ehe gewährleisten."

Welch herrliches Bild entrollte sich, als ich forschend in das Herz
des Mädchens blickte. Bebend vor seligem Gefühl hielt sie den ihrer
Liebe un würdigen Mann umschlungen. Sie war nur von dem einen Wunsche
beseelt, den Geliebten wahrhaft glücklich zu machen; nicht einen Augenblick
dachte sie an sich selbst, in seinem Glücke sah sie ihr eigenes.

Wieder sprach mein freundlicher Lehrer: „Armes Mädchen mit
deiner selbstlosen und sich schrankenlos hingebenden Liebe, du verschwendest
dein Heiligstes an eine Krämerseele. Dieser Mensch glaubt,
daß die Begierde, ein Mädchen zu besitzen, das neben sonstigen wünschenswerten
Eigenschatten vor allem viel Geld besitzt, Liebe sei. O
hätten die Menschen nur eine Ahnung von wahrer Liebe, dann würde sich
so manches Eheleben glücklicher gestalten. Ihr Armen, die ihr nicht
einmal die Liebe zwischen Mann und Weib zu erfassen vermögt, wie
könnt ihr von der universellen, göttlichen Liebe eine Ahnung haben. Bedenkt
doch, daß wahre Liebe nie an sich selbst denkt; sie rechnet nicht,
sie hat nur den einen Wunsch, sich schrankenlos dem Dienste einer geliebten
Person zu weihen, um sie so glücklich als möglich zu machen."

Wir gingen schweigend aus dem Parke fort. Der Weg führte uns


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