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Sinn und Unsinn im Spiritismus.
7 , 7 Von Dr. Fritz Q u a d e.
Der Spiritismus lehrt, daß die Geister verstorbener Menschen, die
Spirits, als denkende und empfindende Wesenheiten fortexistieren und
mit den Menschen in Verbindung treten können. Hierzu sollen sie sich
meist einer Mittelperson, des Mediums, bedienen, die ihnen beim automatischen
Schreiben ihre Hand, bei physikalischen Phänomenen ihre
odischen Kräfte, oder auch, wenn die Geister im Trance in das Medium
eintreten, ihren ganzen Körper herleiht.
Im Gegensatz zur Auffassung der Spiritisten behaupten die Ani-
misten, daß alle bei spiritistischen Sitzungen beobachteten Phänomene und
alle dabei gemachten Mitteilungen ihren alleinigen Ursprung in der Seele,
amina, der Sitzungsteilnehmer hätten.
Ein bekannter Vertreter der animistischen Anschauung war der
Philosoph Eduard von Hartmann. Mit ihm hat sich der russische Staatsrat
Aksakow, einer der besten Kenner ,der spiritistischen Tatsachen und
literarischen Erscheinungen, in einem zweibändigen Werke „Animis-
mus und Spiritismus", das 1890 erschien und jetzt in fünfter Auflage
vorliegt, auseinandergesetzt,
Akasakow und Du Prel, die beiden Vorkämpfer des wissenschaftlichen
Spiritismus in Deutschland, tragen der Möglichkeit der Bewußtseinsspaltung
im Medium beim Wechselgespräch durch den Tisch, bei
der Schreibmediumschaft und dem Trancereden, tragen der Telepathie
und der Eventualität des außerkörperlichen Wirkens des Mediums voll
Eechnung. ,
Dennoch finden sie eine große Reihe von Beobachtungen, die der (Erklärung
durch die den Okkultisten bekannten jSeelischen Kräfte Lebender
spotten und nach ihrer Auffassung nur durch intelligente Einwirkung
der Geister Verstorbener erklärt werden können.
Man sollte meinen, daß Aksakows Buch und Du Preis Erwiderung
auf eine bald danach erschienene Broschüre Hartmanns in der Folgezeit
von den Anhängern des generellen Animismus ausführlich besprochen
und widerlegt wäre. Aber wir finden kaum derartige Versuche. Hartmann
hat in seiner Entgegnungsbroschüre zu der Hilfshypothese greifen
müssen, daß ein telepathischer Verkehr zwischen dem Medium und gan*
fremden Personen auf jede Entfernung hin stattfinden könne. I?ine vom
Medium gegebene Mitteilung, die dem Medium und den Sitzungsteilnehmern
unbekannt, aber wenigstens einem einzigen (lebenden Menschen
bekannt wäre, solle von diesem Menschen, wer es auch sei und wo er sich
auch befinde, dem Medum zukommen können.
Wo aber diese Hilfshypothese, die in den experimentellen Erfahrungen
über Telepathie keine Stütze findet, versagt, weil sich kein
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