Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
15.1921/22
Seite: 522
(PDF, 131 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1921/0526
- 522

würden. Von den Mitreisenden wurde sie wegen ihrer Voraussagen ausgelacht
und gehänselt. Die Frau sagte jedoch, daß sie sofort den Beweis für ihre Fähigkeiten
erbringen würde. Auf der nächsten Haltestelle werde ein Mann zusteigen,
der den Zug zwar erreichen, aber im Zuge sofort vom Herzschlag getroffen zusammenbrechen
werde. Tatsächlich geschah, was die Zigeunerin vorausgesagt
hatte, und der tieftraurige Vorfall ließ das Gelächter und die Hänseleien verstummen
. „Wenn man die heutigen Nachrichten von dem deutsch-russischen Abkommen
in Genua liest, so wird auch dem Ungläubigsten die Voraussage für die
Verbilligung nicht mehr unwahrscheinlich erscheinen", bemerkt die Zeitung dazu.
Hoffen wir das Beste.

Der Bilmisschnitter. Bezüglich dieses Briefkastenartikels in Nr. 9, S. 430
des XV. Jahrgangs des Z. f. O. sei auf J. Grimms „Deutsche Mythologie" verweisen
, dort lesen wir: „Pilwiz, pilbiz, bilwiz, bilwitz. Ein Beichtbuch aus der
ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts hat pelewysen, synonym mit Hexen, und in
gleichem Sinn braucht es Colerus Hausbuch bihlweisen.1) Bilwiz ist ein guter
Genius, aber elbischer Natur; er haust in Bergen, sein Geschoß wird wie das
des Albs gefürchtet, er verwirrt und verfilzt gleich dem Alb die Haare. Bilbez-
schnitt, bilwezschnitt, bilfezschnitt bezeichnet einen Durchschnitt im Getreidefeld,
den man als das Werk eines Geistes, einer Hexe oder des Teufels betrachtet.
Zufolge einer Mitteilung aus Thüringen kann man den Bilmes- oder Binsenschneider
, wie er auch heißt;, auf doppelte Weise vertreiben. Entweder setzt man sich
auf Trinitas oder Johannis, wenn die Sonne am höchsten steht, mit einem
Spiegel vor der Brust auf einen Holunderstrauch und schaue nach allen Enden
um, so kann man den Binsenschneider wohl entdecken, jedoch mit großer Gefahr:
denn wenn der Aufpassende eher vom Binsenschneider gesehen wird als er ihn
erblickt, so muß er sterben und der Binsenschneider bleibt leben, er müßte sich
denn zufällig selbst in dem Spiegel, den jener vor der Brust hat, erschauen, in
welchem Falle er noch in diesem Jahr sein Leben verliert. Oder man trage
Ähren, die der Binsenschneider geschnitten hat, stillschweigend in ein neuausgeworfenes
Grab, die Ähren dürfen aber nicht mit bloßer Hand angefaßt
werden. Würde nur das geringste dabei gesprochen oder käme ein Tropfen
Schweiß aus der Hand mit ins Grab, so muß, sobald die Ähren verfaulen, derjenige
sterben, welcher sie hineinwarf/*

Friedrich Wenz schrieb in seiner „Volkskunde von Baiern'': „Drei Juni-
Nächte, Veit, Sunnwend und Peter und Paul, sind Freinächte für Bilmesschneider.
Der Bilmesschneider ist ein böses Wesen, welches in Gestalt eines Mähers oder
Schnitters mit einer Sichel an bestimmten Tagen durch die Getreidefelder geht
und die Halme abschneidet. Männer, die mit dem bösen Feind im Bunde stehen,
können den Bilmesschnitt machen. Er geht übers Kreuz von einem End des Ackers
zum andern und doch ist's als ob alle Ähren abgeschnitten wären. Nur auf Kornäcker
, auf Roggen und Leinsaat geht er, also auf jene Frucht, die dem Menschen
zur Nahrung und Kleidung dient. Der Bilmesschneider hängt mit dem Heidentum
zusammen. Dies erhellt aus seiner mythischen Gestalt, aus dem teuflischen Charakter
; die angeschnallte goldene Sichel deutet auf die Ernte, der Bock, den er reitet,
ist sein geheiligt Tier. Die Bocksopfer nach der Ernte sind bekannt. Wir haben
also hier einen Elementargott vor uns, den Gott des Feldsegens, wahrscheinlich
Donar oder Thor, auf den der Bock weist. Wie die Venus als Göttin in ihrer
Priesterin menschliche Gestalt annimmt, gleichsam in dieser sichtbar wird, so
geht hier der Bock in seinen Priester über. Der Bilmesschneider ist der Priester,

l) Im Keltischen heißt bil gut, mild.


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1921/0526