Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
15.1921/22
Seite: 571
(PDF, 131 MB)
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Zum Bezirksamt Untersteinbach gehörend, lebte vor alter Zeit ein
Schafzüchter, der stets viel Glück mit seinen Schafen hatte Man
nannte ihn deshalb nur den Schafbauer und seinen Hof den Schafbauerhof.
Einst kam eine arme Frau zu dem Manne und bat denselben um etwas Wolle,
Als die Bitte abgeschlagen wurde, erwiderte die Frau: „Wart ner, Schoofbaucr,
dei Wolln werd aa amoll der Binsnschnitzer hulln!" — Als bald darauf der
Schafbauer abgerufen wurde und die geschorene Wolle im Hofe auf Haufen
lag, kam ein „Windsdiprahl'1, ein vom Binsenschnitzer in Szene gesetzter Wind,
und entführte einen großen Teil der Wolle hoch in die Luft, woselbst diese auf
Nimmerwiederkehr verschwand. Da man zu jener Zeit fest vom Vorhandensein
des Binsenschnitzers überzeugt war, trug man zur Sommerzeit außer dem gewöhnlichen
Taschenmesser zum Schutze gegen den Bösen auch ,,a Schnitzerin be
sieg." Dieses sogenannte Schnitzerln" war ein Taschenmesser, dessen Heft von
Stahl war, oben und unten je einen stählernen Ring hatte und außerdem mit drei
eingelegten Kreuzen versehen war. Mit einem derartigen Schnitzerin
wurde bei jedem Windschprahl nach dem entfliehenden Eigentum geworfen, mit
dem heißen Wunsch, den Binsenschnitzer damit zu treffen und zu verlegen. Traf
man den unsichtbaren Feind, so hatte dessen Macht ein Ende und derselbe war gezwungen
, sein teuflisches Handwerk niederzulegen. Auch in diesem Falle warf
der Schafbauer sei Schnitzerin nach dem Windschprahl, wobei er kräftige Verwünschungen
ausstieß. Gleichzeitig ertönte zu seiner Freude ein lauter
Weheschrei aus der Luft. — Der Schafhofbauer war auch nebenbei Fuhrwerksbesitzer
, und da es zu jener Zeit keinq Eisenbahnen gab, unternahm er öfters, sowohl
für die nähere Umgegend als auch auf weile Entfernungen, Fuhren, deren
Frachten er oft in weit entfernte, ihm ganz fremde Städte zu befördern hatte.

VT?

Einmal hatte er eine große Fracht bis zur Donau übernommen. Er wollte in
14 Tagen zurück sein, aber es vergingen 3 Wochen, ehe er wiederkehrte. In
°iner stürmischen Nacht, in der man sich besonders über sein Ausbleiben ängstigte,
verkündete lauter Peitschenknall dessen Ankunft. Schnell wurde von der Schaf-
h, bäuerin Warmbier aufs* Feuer gesetzt, während die Dienstleute das schwere
H T>or öffneten. War die Freude, den so lange Vermißten endlich wieder zu
iiLuen, eine große so wurde diese noch größer, als der Bauer für Frau und
Tochter feine seidene Schürzen und Tücher in den leuchtendsten Farben seinem
Mantelsack entnahm und vor ihnen ausbreitete Auf die von beiden Seiten gestellten
Fragen, wo er denn solange gewesen sei, erzählte er, -daß er sich in
Regen skurg, als er über den Marktplatz ging, bei seinem Namen angerufen hörte.
Erfreut darüber, daß dort jemand wisse, daß er der Schafhofhauer sei, habe er
aufblickend bemerkt, daß aus dem Fenster eines feinen Hauses ein Mann mit nur
einem Ohre ihn beim Namen rief. Als er in der Hoffnung, einen Auftrag zu erhalten
, hinaufgegangen sei, habe ihn der Mann getragt, ob er ihn kenne. —
Nachdem er verneinte, habe jener erwidert, daß der Schaf bauer es doch selbst
gewesen sei, der ihm, als ein Windschprahl dessen Wolle entführte, mit seinem
Schnitzlern ein Ohr abgeschnitten habe. Erschrocken befeuerte der Fuhrmann,
daß ihm' nichts davon bekannt sei, aber der Mann mit dem verlorenen Ohre
sagte, daß er selbst der betreffende Binsenschnitzer gewesen sei und sich nach
seiner Verlegung nach Regensburg zurückgezogen habe. Mit dem Schwinden
seiner teuflischen Macht sei aber die Reue über ihn gekommen und er habe sich
aus diesem Grunde bis jetzt bemüht, wenigstens einen Teil seiner Schuld dadurch
abzutragen, indem er dem Beraubten gewisse Prozente zurück vergüte. Er behielt
den Schafhofbauer bei sich, führte ihn in der Stadt herum und verköstigte
ihn mit den feinsten Leckerbisse , Beim Abschiede habe er ihm noch die


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