Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
16.1922/23
Seite: 108
(PDF, 129 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1922/0112
— 108 —

Dem Bedrückten, dem Unglücklichen scheint das Leben überhaupt
nicht mehr den Zweck zu haben, den es für den Glücklichen oder selbst
nur Indifferenten hat. Dies liegt zum Hauptteil wohl an der Depression,
die den Intellekt stark trübt und die Hoffnung auslöscht. Das Leben ist
doch wirklich so arm an Freuden und so reich an Elend, Sorgen, Entbehrungen
, Anfeindungen und Verleumdungen, daß sein Zweck schwerlich
eingesehen werden kann, zumal wir eine allgemeine Ansicht oder (feste
Erkenntnis über den Zweck des Daseins überhaupt noch nicht haben.
Trotz einer spirituellen Weltanschauung ist es für den in die Tiefe spürenden
Menschen schwer, die Ratschlüsse einer unsichtbaren Führung des
Erdendaseins zu verstehen. Bewußt oder unbewußt arbeitet fast jeder
gegen das Schicksal an.

Dabei sind die Selbstmörder lange nicht diejenigen Menschen, die
etwa in eine niedere Stufe zu gruppieren wären. Bis in die Schichten
der höchsten Geister hinein treffen wir solche an. Nur in den Kreisen
derjenige:! Leute, die mit den Geisteswissenschaften vertraut geworden
sind, scheinen die Selbstmorde verhältnismäßig selten, ja sehr selten zu
sein. Eine noch größere Empfehlung ist es für diese Wissenschaften
insbesondere für den Spiritismus, daß Selbstmordkandidaten aus der Menge
der Gleichgültigen im Spiritismus ihre Rettung gefunden haben und \einsahen
, daß sich das Leben überhaupt nicht vernichten läßt, daß es keinen
Tod gibt.

Ein Radikalmittel gibt es jedoch auch für den Selbstmord nicht.
Selbst in den Kreisen» der Spiritisten geschehen Selbstmorde, sei es infolge
unüberwindlicher Niederdrückung der Seele, infolge geistiger Umnachtung
oder gar aus dem Triebe heraus, die Pforten des Jenseits
gewaltsam zu öffnen, weil die Begierde nach dem Wissen zu groß ist.
Es wäre auch schwer einzusehen, weshalb gerade das Wissen des Weiterlebens
einen Selbstmordkandidaten abschrecken sollte vor dem vorzeitigen
Verlassen dieser Welt. Die Hoffnung auf ein viel schöneres Jenseits
dürfte doch eher einen Menschen nach jenem Wunderlande locken, (der
die Last des Daseins nicht mehr ertragen kann. Die Furcht vor einepi
vorübergehenden Elende nach dem Tode ist ebenso wenig abschreckend wie
die Furcht vor einer gesetzlichen Strafe vor der Ausführung einer ungesetzlichen
Handlung. Selbst die früher von der Kirche eingehämmerte
Furcht vor einer unendlichen furchtbaren Qual im Jenseits hat die gläubigen
Christen nicht davor zurückgehalten, sich einer zeitlichen irdischen
Strafe durch den Selbstmord zu entziehen. Im allgemeinen übt ja das
Glaubensbekenntnis eines Menschen sehr wenig Einfluß auf dessen Handlungen
aus. Wo dies der Fall zu sein scheint, da ist das Gute im Wesen
schon soweit entwickelt, daß es sich auch ohne irgend einen Glauben betätigt
hätte.


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1922/0112