Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
16.1922/23
Seite: 110
(PDF, 129 MB)
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Erschießen zweier Mädchen, die sich in besonderer Weise liebten, ermutigt
mich, eine Klage zu erwähnen, die zum Totensonntag 1921 das Blatt
„Die Freundschaft" vielleicht nicht ganz mit Unrecht erhebt. Dieses
Blatt beklagt eine sehr große Zahl von Toten — die Selbstmorde und
Doppelselbstmorde vieler, vieler Leser, in erschütternder Sprache, für
die sie die Vorurteile der Gesellschaft verantwortlich macht. Wenn ich
auch diese Liebe, die das genannte Blatt zu rechtfertigen sucht, nie verstehe
und verstehen werde, so mahnt mich doch das allgemeine Prinzip
zur Erweiterung der Vorurteilslosigkeit auch für dieses .Gebiet, wenn
auch das „Umlernen" für die neue Zeit noch so schwer fällt. Wir als
Okkultisten können keine Selbstmorde und Doppelselbstmorde verantworten
.

Zu den Ursachen, die die häufigsten Selbstmorde veranlassen, zählen
unglückliche Liebe und Ehe, Untreue und ähnliches. Diese sind leider
Schicksal und vielleicht nie abzustellen. Nur bei einer verhältnismäßig
kleinen Zahl dieser Fälle trifft die Vorurteile der Gesellschaft die Verantwortung
, so bei der Versagung der Verbindung Liebender, die verschiedenen
Gesellschaftsklassen angehören, bei der Unmöglichkeit der gesetzlichen
Scheidung einer zerrütteten Ehe. Letztgenanntem Übel kann
vielleicht die nächste Zeit schon abhelfen.

Vom rein menschlichen Standpunkte aus betrachtet, kann man oft
ein stilles Heldentum bei Selbstmördern beobachten. Oft ^geschehen
Selbstmorde aus Liebe zu anderen, um ihnen den Weg zu ebnen. So
vergiftete sich ein Vater, der fühlt, daß, er wahnsinnig wird, nur deshalb,
um nicht den Verlobten seiner Tochter zum Zurücktritte vorn Verlöbaiis
zu veranlassen, da man ja nicht Mitglieder einer Familie heiraten soll,
soll, in denen Wahnsinnfälle vorgekommen sind. Die .Seele ist scheinbar
rein von der Rücksichtnahme auf die .eigene Person und nur voll
hingebender Liebe für eine aridere erfüllt. In dem Buche von Kessenieier,
„Das Leben nach dem Tode" ist der bekannte Fall des Selbstmordes eines
oberschlesischen Industriellen abgedruckt samt dem Briefe, den .dieser,
an die Arbeiter gerichtet, hinterlassen hat. Das,Nachlassen der Arbeitslust
der Arbeiter mit den drohenden katastrophalen Folgen für die deutsche
Wirtschaft nach der Eevolution habe ihn \zu diesen^ Heldenbeispiel
veranlaßt. Der Verfasser dieses Buches fügt dem Abdrucke des Zeitungsberichtes
ein großes Lob an: das sei etwas anderes! Dies sei wahrhaftig
eine Heldentat. Im, übrigen verurteilt das Buch den Selbstmord.
Es scheint, daß die politische Überzeugung des Herrn Verfassers das
Urteil gefärbt hat. Wenn edle Motive dabei [mitgespielt haben, dann
werden diese gewiß in der Seele fein \registriert sein und voto Himmel
mit Seligkeiten belohnt werden, wie das im allgemeinen igeschieht. Zunächst
dürfte aber dieser Fall, wie jeder andere, drüben seine Folgern'
haben.


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