Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
16.1922/23
Seite: 111
(PDF, 129 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1922/0115
Iii

Der der ganzen Welti bekannte tötliche Hungerstreik ,des Bürgermeisters
von Cork war schließlich auch ein Selbstmord, ein ähnlicher
politischer Selbstmord wie der soeben erwähnte. Der kürzlich nach
vierzehntägigem, Hungerstreik bereits verstorbene Kommunistenführer beging
ebenfalls im gleichen Sinne Selbstmord. Wir sehen hieraus, wie
fein verästelt die Motive der Selbstmorde sind.

jWie schön und sittlich hoch ist oft die Rolle des Verteidigers, des
Anwaltes vor Gericht, dem es manchmal gelingt, selbst einem Mörder die
Strafe ganz wesentlich zu mildern oder gar die Richter zum Freispruche
zu bewegen. Auch wir sollten, wo wir nur können, die Rolle des edlen,
von seiner Mission begeisterten Anwaltes hier auf Erden spielen. Von,
Mördern? Aber Selbstmord ist kein Mord. Wohl ist der rein körperliche
Vorgang der gleiche, eine reflexive Tötung in ihrer grammatischen
Bedeutung: nicht „ich töte/', sondern „ich töte mich". Der Mörder und

der Gemordete sind eine und dieselbe Person. Sie ist aktiv und passiv

*

zugleich, sie führt die Tötung aus und erleidet die Tötung.

Diese Entschuldigung des Selbstmörders soll gewiß nicht dazu
ermutigen, moralische Bedenken zu zerstreuen, da bei der gegenwärtigen
Häufigkeit der Selbstmorde fast, sicher anzunehmen ist, daß diese Zeilen
auch von Personen gelesen werden, denen die Idee das .Selbstmordes nicht
ganz fremd ist. Das Abraten mit kurzen, seichten Worten und Hinweisen
ist meist zwecklos. Es handelt sich hier lediglich darum, die
Wurzeln des Übels zu betrachten, um Wege zur Besserung,zu finden.
Aber wie bei allen großen Übeln der Erde, seien ,sie nationaler, sozialem
oder sittlicher Natur, ist auch hier wenig Erfolg zu .erwarten. Wo wir
nicht vorbeugen, verhindern oder heilen können, dort haben wir ^schließ-
lich die Pflicht zu trösten. In diesem Sinne findet Schiller in der „Braut
von Messina'' die schönen aber vielleicht irrigen Worte des Selbstmörders
Don Cäsar:

Den Fluch des Hauses lös' ich sterbend auf,
der freie Tod nur bricht die Kette des Geschicks.

Ferner unmittelbar vor dem Selbstmorde:

Nein, (Bruder! Nicht dein Opfer will ich dir
entziehen. — Deine Stimme aus dem Sarg
ruft mächt'ger, dringend als der Mutter Tränen
und mächt'ger als der Liebe Flehn. — Ich halte
in meinen Armen, was das ird'sche Leben
zu einem Los der Götter machen kann —
doch ich, der Mörder, sollte glücklich sein,
und deine heil'ge Unschuld ungerächet
im tiefen Grabe liegen ? — Das verhüte
der allgerechte Lenker unsrer Tage,
daß solche Teilung sei in seiner Welt ....


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