Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
17.1923/24
Seite: 86
(PDF, 133 MB)
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er Winkel bildete wie ein Vermessungsinstrument, das man zusammenklappt
, und mit Bewegungen, die offenbar Zeugnis von einer alten Gewohnheit
ablegten, sich auf Teppichen niederzukauern. Als er paß, drehte
Cherbonneau dem Lichte den Rücken zu, das ganz und voll das Antlitz
des 'Kranken beleuchtete: eine glückliche Stellung, \um zu prüfen, und
ganz geeignet für Beobachter, die lieber selbst sehen [als gesehen werden.
Obgleich die Gestalt des Doktors ganz in Schatten getaucht war und
nur die Spitze seines Scheites leuchtend und rundlich wie ein ungeheures
Straußenei von Zeit zu Zeit einen Lichtstrahl empfing, unterschied
Octave doch deutlich das zitternde Aufflammen der seltsamen
blauen Augensterne, die wie phosphoreszierende Körper mit einem eigenen
Lichte begabt schienen. Ein scharfer, klarer Strahl entsprang ihnen, -den
Octave mit voller Brust empfing, und dabei ein Prickeln und eine iWarme
wie nach einem genossenen Heiltranke empfand.

„Nun, mein Herr", sagte der Doktor nach einem Augenblick des
Schweigens, während dessen es schien, als ob er die in blitzesschnellem
Durchschauen gewonnenen Indizien noch einmal zusammenfaßte, „ich
sehe schon, daß es sich hier bei Ihnen nicht um einen gewöhnlichen pathologischen
Fall handelt. Sie leiden an keiner der üblichen Krankheiten
mit bekannten Symptomen, die der Arzt entweder heilt joder verschlimmert,
und wenn ich einige Minuten mit Ihnen geplaudert Jiaben [werde, werde
ich mir nicht Papier von Ihnen erbitten, um irgend ein schmerzstillendes
Rezept zu schreiben."

Octave lächelte, wie um Herrn Cherbonneau seinen Dank dafür
abzustatten, daß er ihn mit langweiligen und lästigen Arzneien verschonte.

„Aber", fuhr der Doktor fort, „freuen Sie sich nicht zu rasch;
daraus, daß Sie weder an Hypertrophie des Herzens poch an Lungengeschwulst
, weder an einer Erweichung des Rückgrats noch |an einer
Gehirnwassersucht, am Typhus oder am Nervenfieber leiden, daraus
folgt durchaus noch nicht, daß Sie sich einer vollständigen Gesundheit
erfreuen. Reichen Sie mir Ihre Hand." ;

Jm Glauben, daß Doktor Cherbonneau seinen Puls befühlen wolle,
und in der Erwartung, daß derselbe nunmehr sofort seine Uhr hervorziehen
werde, strich Octave den Ärmel zurück, entblößte feein Handgelenk
und reichte es nachlässig dem Doktor hin. Herr Cherbonneau aber nahm,
ohne am Puls die rasche oder langsame Bewegung zu suchen, in seine braune
Hand, deren knochige Pinger den Scheeren einer Krabbe glichen, die
Hand des jungen Mannes, berührte sie, rieb sie, knete sie, gerade, als
ob er sich in magnetische Verbindung mit seinem Patienten setzen wollte.
Octave konnte sich einer gewissen ängstlichen Bewegung nicht »erwehren,
denn ihm schien, als ob der Doktor ihm die Seele durch den Druck seiner
Hand herausziehe, und das Blut entwich aus seinen iWangen.


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