Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
17.1923/24
Seite: 181
(PDF, 133 MB)
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möchten. Indessen habe ich doch einige seltsame Erfolge erreicht und lege
sie Ihnen zur Beurteilung vor", sagte Doktor Cherbonneau und ließ auf
einer Leiste die Ringe einer schweren Portiere zurückgleiten, die eine
Art Alkoven im Hintergrunde des Saales bedeckte.

Beleuchtet durch eine Weingeistflamme, die auf einem Dreifuß von
Bronee brannte, schaute Graf Olaf Labinski ein schreckenerregendes
Schauspiel, das ihn trotz seiner Tapferkeit erbeben machte. Auf einem
Tische von schwarzem Marmor lag der bis zu den Hüften entblößte Körper
eines jungen Mannes in leichenhafter Starrheit. Sein Leib war wie der
des heiligen Sebastian ganz mit Pfeilen gespickt, aber es entsrömte ihm
auch nicht ein einziger Tropfen Blut. Man hätte ihn für das Gemälde
eines Märtyrers halten können, auf welchem der Maler vergessen hatte,
die Öffnungen der Wunden rot anzumalen.

„Dieser seltsame Arzt," sagte Olaf zu sich selbst, ist vielleicht ein
Anbeter Shivas, der seinem Götzen dies Opfer geweiht hat."

„Oh, er leidet nicht im geringsten. Stechen sie ihn ohne Furcht,
nicht eine Muskel seines Gesichtes wird sich bewegen." Der Doktor zog
die Pfeile aus dem Körper heraus, wie man Nadeln aus einem Nadelkissen
zieht.

Einige rasche Handbewegungen befreiten das Opfer aus dem
Netze des Fluidums, das ihn umgeben hatte. Er erwachte mit einem
Lächeln der Verzückung auf den Lippen, als wenn ein glücklicher Traum
ihn soeben verlassen hätte. Doktor Cherbonneau entließ ihn mit einer
Handbewegung, und der junge Mann zog sich durch eine kleine Tür
zurück. *w»

Ich hätte ihm einen Arm oder ein Bein abschneiden können, ohne
daß er es gemerkt hätte," sagte der Doktor, indem er seine Runzeln zu
einem Lächeln zusammenzuziehen versuchte. „Ich habe es nicht getan.,
weil ich noch nicht erschaffen kann und weil der Mensch, hierin auf einer
niedrigeren Stufe als die Eidechse stehend, keinen genug wirksamen Saft
besitz4., um die Glieder wieder zu bilden, die man ihm abschneidet. Aber
wenn ich nicht schaffe, so verjünge ich doch wenigstens."

Und er hob einen Schleier, der eine ältliche Frau bedeckte, die nicht
weit von dem schwarzen Marmortische auf einem Fauteuil in magnetischem
Schlafe befangen war. Ihre Züge, die einst schön gewesen sein mochten,
waren erschlafft; die Verwüstungen der Zeit waren auf den mageren Konturen
ihrer Arme und ihrer Schultern zu lesen. Der Doktor richtete
während einiger Minuten mit anhaltender Intensität die Blicke seiner blauen
Augensterne auf sie. Die matten Linien wurden straffer, ein weißes,
sammetartiges Fleisch bedeckte die Magerkeit ihres Halses, ihre Wangen
rundeten sieh und nahmen den Pfirsichflaum der frischen Jugend an.
Die Augen öffneten sich, strahlend in lebhaftem Glänze. Die Maske des


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