Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
17.1923/24
Seite: 323
(PDF, 133 MB)
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„Manchmal, wenn ich nachts nicht schlafen kann, denke ich an Pras-
covia; wenn ich schlafe, träume ich von ihr. Wie war sie so schön an
jenem Tage, in dem Garten der Villa Salviati in Florenz! Das weiße Kleid,
die schwarzen Bänder. Woran hängt oft unser Geschick! Ich wollte nach
KoTistautinopel, dann wäre ich ihr nicht begegnet. Ich blieb in Florenz,
ich sah sie und ich sterbe. Ich hätte mir den Tod gegeben, aber meine
schuldige Seele würde nach irgendeinem Planeten verbannt worden sein,
und ich hätte sodann die Möglichkeit verloren, daß sie mich in jenetm
Leben liebte. Auch jenseits noch getrennt, sie im Paradiese, ich in der
Hölle — das ist ein niederschmetternder Gedanke."

„Warum muß ich gerade die einzige Frau lieben, die mich nicht
lieben kann! Andere, die man schönt nennt, die frei waren, lächieltehl
mir mit ihrem zärtlichsten Lächeln zu und schienen ein Geständnis hervor-
zurufen, das ich niemals machte. 0, wie ist er glücklich, er! Welches
erhabene frühere Leben belohnt Gott in ihm durch das herrlichle Geschenk
dieser Liebe?" —

Es war unnötig, noch weiter zu lesen. Der Argwohn, den der Graf
beim Anblick von Prascovias Portrait gefaßt haben konnte, war bei den
ersten Zeilen dieser traurigen Ergüsse gewichen. Er begriff, daß das geliebte
Bild, das vielmal von neuem angefangen war, fern von dem Urbilde,
mit der unermüdlichen Geduld einer unglücklichen Liebe geliebkost war,
daß es das Madonnenbild einer kleinen mystischen Kapelle sei, vor
welchem die Anbetung hoffnungslos niederkniete.

„Aber dieser Octave hat einen Vertrag mit dem Teufel geschlossen,
um mir meinen Körper zu rauben und mir in dieser Gestalt Prascoviens
Liebe zu stehlen." K"

Die UnWahrscheinlichkeit, die eine solche Vermutung hatte, ver-
anlaßte den Grafen, sie bald wieder fahren zu lassen. Indessen hatte sie
ihn doch in seltsamer Weise verwirrt. Er ljäehelte selbst über seine
Leichtgläubigkeit, rief nach dem Wagen und ließ sich zum Doktor Cher-
bonneau f ahren. Er durchschritt die Säle, in die er am Tage vorher als
Graf Labinski eingetreten war und die er verlassen hatte, indem alle Welt
ihn mit dem Namen. Octave von Saville begrüßte. Der Doktor saß, wie
gewöhnlich, auf einem Divan des hintersten Zimmers, seinen Fuß in der
Hand haltend und dem Anschein nach in eine tiefe Meditation versunken.
Beim Geräusch der Schritte des Grafen erhob der Doktor den Kopf.

„Ah, Sie sind es, mein lieber Octave. Ich 'wollte soeben zu ihnen
kommen; aber es ist ein gutes Zeichen, daß der Kranke den Arzt aufsucht."

„Immer Octave!" sagte der Graf, „ich glaube fvor Wut rasend zu
werden." Dann kreuzte er die Arme, stellte sich vor den Doktor hin und
starrte ihn mit fürchterlichen Blicken an:

„Sie wissen recht gut, Dr. Cherbonneau, daß ich nicht Octave bin,

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