Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
17.1923/24
Seite: 331
(PDF, 133 MB)
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treten, sie zerstreuten sich alsobald und zerflossen in nichts. Die Verlegenheit
des armen Liebhabers war schrecklich. An solche Verwickelung
hatte er nicht gedacht, als er in den Körper des Grafen Olaf La-
binski schlüpfte, und er sah nun ein, daß, wenn man die Gestalt eine$
Andern stiehlt, man sich allerlei unangenehmen Unbequemlichkeiten
aussetzt.

Prascovia war über Octaves Schweigen erstaunt. Sie vermutete,,
er habe, in irgendeiner Träumerei befangen, nicht recht gehört, und sie
wiederholte ihre Phrase langsam und mit lauterer Stimme.

Wenn nun auch der falsche Graf den Klang der Worte besser hörte,
so verstand er ihre Bedeutung doch' eben so wenig wie zuvor- Er
machte verzweifelte Anstrengungen, um zu erraten, um was es sich handele
, aber für den, der sie nicht versteht, bieten die kompakten nordischen
Sprachen durchaus keine Durchsichtigkeit dar. Wider seinen Willen
bedeckte eine .glühende Böte seine Wangen. Er biß sich in die Lippe$
und zerschnitt, um seine Fassung zu behalten, in voller Wut die Speisen*
«die vor ihm auf dem Teller lagen.

„Map könnte wirklich vermuten", sagte die Gräfin, diesmal aber
französisch, „daß du mich nicht hörst oder mich nicht verstehst . . *Ä

„In der Tat", stotterte Octave-Labinski, der nicht recht wußte, was
er sagen sollte. „Die polnische Sprache ist doch so schwer!"

„Schwer? O ja, für einen Fremden. Aber wer sie schon auf den
Knien seiner Mutter gestammelt hat, dessen Lippen entströmt sie wie der
Hauch des Lebens, wie der Strom des Gedankens."

„Gewiß, ohne Zweifel! Aber es gibt Augenblicke, in denen es mir
vorkommt, als wüßte ich sie nicht mehr."

„Was erzählst du mir da für Märchen, .Olaf? Wie? Du hättest die
Sprache deiner Ahnen vergessen, die Sprache des heiligen Vaterlandes^
die Sprache, die dich deine Brüder unter den Menschen erkennen läßt,
und — fügte sie leiser hinzu — die Sprache, in der du mir zum erstem
Male gesagt hast, daß du mich liebst!"

„Die Gewohnheit, mich eines andern Idioms zu bedienen . . ."
stotterte Octave-Labinski, der am Ende seiner Gründe angekommen war.

„Olaf", versetzte die Gräfin mit vorwurfsvollem Tone, „ich sehe,}
daß Paris dich verdorben hat. Ich hatte wohl recht, als ich mich sträubte,
nach Paris zu gehen. Wer hätte es mir gesagt, daß der Graf Labinski*
wenn er auf seine Güter zurückkehrt, den Glückwünschen seiner Vasallen
nicht mehr zu antworten vermöchte!"

Prascovias liebliches Gesicht nahm einen Ausdruck tiefer Bekümmernis
an. Zum ersten Male warf die Traurigkeit ihren Schatten auf diese
engelreine Stirn. Dieses seltsame Vergessen verletzte sie in innerster
Seele und kam ihr wie ein Verrat an dem Heiligsten vor.


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