Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
17.1923/24
Seite: 355
(PDF, 133 MB)
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Wenn wir uns dennoch bei unserer Betrachtung (vorzugsweise an
die im Neuen Testament berichteten Wunder halten, so geschieht dies
deshalb, weil wir in ihnen treffliche Beispiele solcher haben, Beispiele,
die allgemein bekannt sind und die schon darum für eine Darlegung wie
die unsere vorzüglich in Betracht kommen. 3Es ist freilich gegen die
Evangelienberichte eingewendet worden, daß sie die Kritik der Quellenforscher
als 'Erdichtungen einer späteren Zeit ^erwiesen hat und daß sie
höchstens für den Lehrinhalt des Christentums als Symbole einer Lebensauffassung
Geltung haben können, nicht aber als Zeugnis für tatsächliche
Geschehnisse angerufen werden dürfen. Dem ist jentgegenzuhalten: daß
in den Evangelien ohne Zweifel die frühchristlichen Anschauungen ihren
prägnanten Ausdruck fanden und daß diesen Anschauungen der Begriff
des Wunders und das Wunder selbst nicht nur nichts Fremdes, sondern
weit eher ein sehr Vertrautes waren; daß weiter die evangelischen
Wunder in der Geschichte der damaligen Zeit nicht allein stehen, werden
doch ähnliche, wie von dem Nazarener, von Apollonius von Tyana berichtet
, ja man behauptet von gewisser Seite, daß dieser das Urbild des
Wundertäters der Evangelien sei. Apollonius war nicht der einzige, von
dem man Wunder erzählte und glaubte. Die Wunderberichte der Evangelien
sind also durchaus im Sinne jener Epoche gehalten. Was sie als
Wunder hinstellen, das muß seinem inneren Gehalte nach auf die damaligen
Menschen, die davon hörten, denn nur sie kommen eigentlich
in Frage, als Wunder gewirkt haben. Es muß in den berichteten äußern
Begebenheiten der wertgebende Faktor der Verbindung mit einer übergeordneten
geistigen Gewalt "eingeschlossen sein. An die neutestament-
lichen Wunder können wir also unsre Betrachtung durchaus im Sinne
einer Betrachtung von Fakten knüpfen, wobei wir uns aber gewärtig
halten wollen, daß die Wunder der Evangelien nicht die einzigen Wunder
sind, sondern, daß jede geistige Erhebung solche auch heute noch zur
Folge haben kann.

Das, was den ersten Christen aus der Frische des Erlebens zur
heiligsten Überzeugung geworden war, wurde von späteren Jahrhunderten
zum Glaubensgegenstande gestempelt. Solange das Leben des
Einzelnen im Schutze der Kirche verlief, solange es in der Hauptsache
ein Leben nach religiöser Richtschnur war, solange die religiösen Impulse
gefördert wurden, wie im Mittelalter, blieb das Wunder als Glaubensgegenstand
unangetastet, denn es wurde, wenn auch der Art nach
verschieden, so doch dem Wesen nach gleich, von den Gläubigen in ihrem
religiösen Leben wieder und wieder nacherlebt. Als aber Einzelne und
Gesamtheiten sich von der herrschenden Kirche lossagten, ja(ls infolgedessen
das Individuum in seinen religiösen Bedürfnissen immer mehr auf sich
selbst gestellt wurde und auf sich «selbst sich angewiesen sah, da verlor

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