Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
17.1923/24
Seite: 356
(PDF, 133 MB)
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das Wunder für die Mehrzahl an Wahrscheinlichkeit, denn die Mehrzahl
wird selten eines Wunders teilhaftig werden, wenngleich es einer
Mehrheit von Menschen zugängig ist. Diese Mehrheit aber schrumpft
zusehends zusammen, je näher wir dem vorigen Jahrhundert kommen.
Die materialistische Weltanschauung feierte ihre Triumphe. Den Glauben
an Wunder überließ sie den Orthodoxen, religiösen Konventikeln und
Schwärmern. Das Wunder selbst erklärte sie als nicht existierend. Was
über die platteste Alltäglichkeit hinausging, wollte sie nicht sehen. Das
Wunder schien aus der Zeitgeschichte ausgemerzt, es war tot.

Das religiöse Leben begann zu verflachen, denn das religiöse Leben
bedarf des Wunders, sonst ist es kein Leben. Wohlverstanden, des Wunders
in der Bedeutung eines innerlichen Erlebens, das mit einem äußern
Vorfall verbunden sein kann, aber nicht verbunden sein braucht. Die
Orthodoxie nun, die das Wunder nahezu durchaus oder doch der Hauptsache
nach als äußere wundersame Begebenheit faßt, raubte selbst dem
Gläubigsten die Möglichkeit des Wunders. Ist doch der Kreis dessen^
was wir objektiv als Wunder betrachten können, für uns wesen#iqhj
eingeschränkt. Mystizismus und Schwärmerei aber, die wohl das Wunder
innerlich wie auch objektiviert erleben lassen >können, stießen und
stoßen den wahrhaft Beligiösen durch ihre Übertreibungen ab. Der
moderne Religiöse muß an das Wunder erst wieder glauben lernen, ehe es
ihm begegnen kann, er muß erst über den Sinn des Wunders ins Klare
kommen. Was einst instinktmäßig erfaßt wurde, das will heute bewußt
verstanden sein. !

Dieser Forderung kommt die moderne Forschung entgegen. Die
mystischen Erscheinungen des menschlichen Seelenlebens hat sie zu ihrem
Studiengegenstands gemacht, von dem sie im Laufe der Jahrzehnte die verhüllenden
Schleier nach und nach entfernte. Die ersten, die auf deutschem
Boden für das Wunder in moderner Gestalt eintraten, waren in der Hauptsache
der um eben dieses Eintretens willen viel verlästerte Justinus Kerner
und Maximilian Perty. Kerner. zwar und seine Seherin durch ihn verloren
sich gänzlich im Geisterspuk. Aber «seine Beobachtungen bahnten
dennoch an, was die heutige psychische Forschung weitergeführt und
ausgebaut hat. Es kam dann von Amerika herüber die spiritistische Flutwelle
, es kam die Tischklopferei als Gesellschaftsspiel und als Manie.
Hunderte von Zirkeln und Seancen der Geistersporter taten sich auf.
Und hinterher kam der Spott, das Gelächter und das Gerede von Betrug
und von betrogenen Betrügern. Das letzte Wort war wohl recht, wenn
auch anders, als seine Präger es meinten. Denn in ihrer unerkannten
Sehnsucht nach einem Innewerden der geistigen Lebenspotenzen betrogen
sich und andere die Armen, die sich mit dem läppischen Wundertun eines
kippenden und unter ihren Händen schwatzenden Tisches begnügten,
anstatt ihr Inneres für das Wunder einer Heilsgewißheit zu bereiten.;


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