Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
17.1923/24
Seite: 358
(PDF, 133 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1923/0362
358

Betrachten wir zunächst die subjektiven Momente: ßuggestibilität,
erhöhte Heizempfänglichkeit und gesteigerte Reaktionsfähigkeit. Vorhanden
sind diese Eigenschaften wohl bei jedem Menschen, nur treten
sie nicht bei jedem hervor, solange es sich um ihn als um einen (Einzelneinj
handelt. Um ein Wunder abgesondert von den Übrigen zu erleben, dazu
gehört ein besonderer Charakter und eine besondere Veranlagung. Nur
Persönlichkeiten, wie das Christentum sie in einzelnen Heiligen der
katholischen Kirche und in einzelnen Erweckten und Wiedergebornen
des Protestantismus und der evangelischen Sekten kennt, werden dazu
befälligt sein. Etwas anderes ist es mit dem Wunder als Massenphänomen.

Diese Form hat man mit den Schlag Worten Suggestion und Psychose
abtun wollen. Ohne Zweifel ist der Einzelne, sobald er in eine Masse
eintritt, nicht mehr, was er vorher war. Aber keineswegs ist das
Niveau der Masse niedriger als das jedes Einzelnen in ihr, es ist ebenso
gut und ebenso oft ein höheres als das des Einzelnen. Sicherlich kommt
es ferner auf die richtige psychische Gestimmtheit an. Aber auf wa&
hätte unsere Stimmung nicht Einfluß? Wohl wird der Einzelne von der
Masse oft zu ihm sonst fremden Handlungen mit fortgerissen, wohl werden
im Rausche des Gemeinsamkeitsgefühls manche psychische {Eemmungen
überwunden, die sonst unser Handeln beeinträchtigen. Aber was beweist
d,as gegen die Wirklichkeit des wunderbaren Erlebnisses der Massei,
gegen die aus dieser Wirklichkeit gebornen, auf ihr aufgebauten Taten?

Vergegenwärtigen wir uns das Pfingstwunder. Die {ihres Meisters
beraubte kleine Schar der Jünger drängt sich zusammen, in Angst vor
der Verlassenheit, in Angst vor der Zukunft ohne ihn. In diese Angst
fällt der Gedanke seiner Verheißung, ihnen .einen Tröster zu senden. JEiner
steigert die Hoffnungs- und Erwartungsfreudigkeit des andern, und eines
Tages wird der Geist auf sie gegossen. ,Sie vernehmen ein Brausen, seheii^
Flammen sich auf sie senken und beginnen in Zungen zu reden. Das sind
die subjektiven Erscheinungen. Nun aber treten die Redenden, die Stammelnden
vor das Volk, und das Volk und die Fremden, die mit ihm sind,
verstehen es, als sei es ihre ^Muttersprache. Sie verstehen es, weil Be,-
geisterung und Eifer zu ihnen reden >und weil sie von solchem Eifer4
und solcher Begeisterung ergriffen werden. Der innere Sinn des hymnischen
Gestammels geht ihnen auf, sie erfassen gefühlsmäßig, was die
verwirrte Rede der Jünger meint. Das ist das Objektive des Wunders.
Wohl mancher hat ähnliches im Kleinen prlebt, wenn er einen von seinem
Thema begeisterten fremdsprachlichen Redner hörte, ohne dessen Sprache
zu kennen. Die fremde Sprache bildet kein Hindernis des Verständnisses;
wenn lodernde Überzeugungskraft von Seele zu Seele die Brücke schlägt.
Bekanntlich hat auch Peter von Amiens, der Kreuzzugsrufer, auf seinem
Zuge durch Deutschland die Massen für die Idee des Kreuzzugs ent-


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1923/0362