Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
17.1923/24
Seite: 429
(PDF, 133 MB)
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Dies Testament, das ein Lebender für einen Toten machte, ist keine
der geringsten Seltsamkeiten dieser unwahrscheinlichen und doch wahrhaften
Geschichte. Aber diese Ungewöhnlichkeit wird sich sogleich aufklären
.

Doktor Cherbonneau berührte den Körper Octave von Savilles, den
die Wärme des Lebens noch nicht ganz verlassen hatte, betrachtete im
Spiegel sein gefurchtes, lohfarbenes, wie Leder runzeliges Gesicht mit einer
eigentümlich verächtlichen Miene. Indem er eine Bewegung machte wie
einer, der sein altes Kleid von sich wirft, wenn der Schneider ein neues
bringt, murmelte er die Formel des Sannyasen Brahma-Logum vor sich hin.

Alsobald stürzte der Körper des Doktors Cherbonneau wie vom Blitz
getroffen zu Boden und Octave von Savilles Körper erhob sich, kräftig,
gelenkig und lebendig.

Octave-Cherbonneau stand einige Minuten vor dieser magern, knochigen
, bleifarbigen Hülle still, die, da sie nicht mehr durch die mächtige
Seele, die sie noch soeben belebt hatte, aufrecht erhalten wurde, fast sofort
die Merkmale des hinfälligsten Alters zeigte und schnell ein leichen-
haftes Aussehen annahm.

„Lebewohl, du armseliger, menschlicher Petzen, du elender Lumpen,
der an den Ellenbogen zerrissen, an allen Nähten abgetragen ist, den ich
siebzig Jahre lang durch alle fünf Weltteile geschleppt habe! Du hast
mir leidlich gute Dienste geleistet und ich verlasse dich nicht ohne Bedauern
. Man gewöhnt sich schon aneinander, wenn man so lange Jahre
zusammengelebt hat! Aber in diesem jugendlichen Körper, den meine
Wissenschaft bald gekräftigt haben wird, werde ich studieren und arbeiten
und noch einige Worte aus dem großen Buche lesen, ohne daß der
Tod es mir bei dem interessantesten Paragraphen zuschlägt und mir zuruft
: „Es ist genug!"

Nachdem Octave-Cherbonneau diese Leichenrede an sich selber gerichtet
hatte, verließ er mit eiligen Schritten das Zimmer, um von seiner
neuen Existenz Besitz zu ergreifen.

Graf Olaf Labinski war in sein Hotel zurückgekehrt und ließ sogleich!
anfragen, ob die Gräfin ihn empfangen könne.

Sie las im Novalis, einem der subtilsten, durchgeistigten und immateriellsten
Autoren, die #der deutsche Spiritualismus hervorgebracht hat.
Die Gräfin liebte die Bücher nicht, die das Leben mit gar zu greifbaren,
dicken Farben malten, die Wirklichkeit schien ihr abschreckend, da sie
in einer Welt von Eleganz, Liebe und Poesie gelebt hatte.

Bhuva genannt wird, heißt Manava-Dharma-Chastra. Sie bildet das hindosta-
nische Gesetzbuch; ihre Entstehung setzt man in die Zeit vor dem Eroberungszuge
Alexanders des Großen nach Indien.


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