Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
19.1925/26
Seite: 232
(PDF, 121 MB)
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Wir hatten uns nun erhoben und schritten die Abhänge hin unter.
Als wir die Niederung erreicht hatten, begann der Jüngling etwas zu
weit ausladend seine Erzählung. Ich unterbrach ihn nur gelegentlich,
wenn es galt, psychologisch Ungeklärtes in das rechte Licht zu setzen.

„Ich bin also", begann er seinen interessanten Bericht, „der zweite
Sohn des Besitzers Trentkin aus Gorschau. Da ich in der Geburt rasch
meinem Bruder gefolgt bin, mag es sein, daß er die besten Säfte aus dem
Mutterleibe hinweggenommen und mir nur wenig übrig ließ, so daß ich,
trotzdem ich eigentlich nie im Leben ernstlich erkrankt war, über keinen
robusten Körper verfügte und schon als kleines Kind eine gewisse Anlage
zu nervösen Zuständen besass.

Ich sonderte mich gern von der Schar der Dorfrangen ab und trieb
meine Spiele auf eigene Faust. Auch hatte ich eine Schwester, die drei
Jahre jünger war als ich. Mit dieser vertrug ich mich sehr gut, da sie
ebenso sensitiv war wie ich und mir Kameradschaft in das Land der
Träume hinein leisten konnte, wozu die robuste, lärmende Dorfjugend
eben nicht imstande war. Sehen Sie, Herr Doktor, ich muß schon etwas
weit ausholen, um meine sonderbaren Erlebnisse psychologisch zu motivieren
; denn diese erwachsen nicht wie bei akutem Irrsinn spontan, indem
sie einmal irgendwie und irgendwann hervorbrechen, sondern man
könnte deren notwendiges Auftreten mathematisch berechnen, wenn mau

genügend Tiefblick hätte und stets vor offenen Karten säße.

Mein Haar war früher noch roter als jetzt, was mir bei der wenig
zarten Dorfjugend den Isramen Fuchs einbrachte, was nur noch mehr dazu
beitrug, meinen Hang zur Einsamkeit zu verstärken.

Anfangs besuchte ich die Klippschule meines Dorfes. Da ich gute
Fortschritte machte und die Gesellschaft der vielen polnischen Kinder
mich anekelte, gab mein Vater mich nach dem dritten Jahr in die Realschule
der Stadt. Auch hier lernte ich gut bis ungefähr zu meinem
zwölften Lebensjahr. Von da an wandte ich Fleiß und Energie nur
noch für diejenigen Fächer an, welche mich interessierten. Das war
vor allem Deutsch und Zeichnen. Für Sprachen und Mathematik war
ich einfach nicht zu haben.

Das Talent zum Malen entwickelte sich immer mehr und paarte sich
mit einer direkt krankhaften Naturschwärmerei. Von da an begannen
meine Wanderungen in die Umgegend. Bewaffnet mit Pinsel und Palette
lauschte ich, nachschaffend, der Natur ihre geheimsten Reize ab
und malte, ohne Kenntnis des notwendigsten technischen Materials,
instinktmäßig, triebhaft, und hielt mich dieserhalb eben für genial.

Mein Ideal war damals Rembrandt, und ich hatte eine eigene Art,
mich nicht nur in die Werke, sondern auch in das Leben des von mir
angebeteten Meisters hineinzudenken, daß er sich gleichsam in mir in-


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