Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
19.1925/26
Seite: 276
(PDF, 121 MB)
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einer Beziehung näherzutreten und so den seltsamen Zustand meines
Gen,ütes zu verraten. Jm Gegenteil hielt ich mich von ihm fern und
mied geradezu ängstlich alle Gelegenheiten, die geeignet waren, ein
Freundschaftsverhältnis mit Alfred anzubahnen. Und daß von seiner
Seit° die Initiative hierzu ergriffen worden wäre, war gänzlich ausgeschlossen
, da gleichsam die ganze Klasse um seine Gunst buhlte und
der Verwöhnte den von allen Gemiedenen überhaupt nicht gewahr wurde.
Trotzdem zeitigte diese einseitige Sympathie bei mir ihre heilsamen
Folgen, indem ich mich bald gewaltsam aus meiner Lethargie aufrüttelte.
Mein Ehrgeiz wurde angestachelt, es meinem Idol gleichzutun und mir
durch gute Leistungen wieder Achtung bei meinen Mitbewerbern zu
verschaffen.

Nun vergaß ich noch zu erzählen, daß Alfred ausgesprochenes
Talent für Musik besaß. Er war unstreitig der Musikalischste unserer
Klasse, hatte schon vorher gründlichen Klavierunterricht genossen und
meisterte oft das Klavier vor Beginn der Stunde, daß alle Mitschüler
sich staunend um ihn scharten und das flinke Spiel seiner Hände bewunderten
, bis endlich der stundenhaltende Lehrer eintrat und die Schar
auf die Plätze auseinanderstob. Besonders phänomenal erschien uns
sein Tongedächtnis, das ihn in die Lage versetzte, eine eben gehörte
Militärmusik, welche unter unsern Fenstern vorbeigezogen war, sogleich
richtig auf dem Klavier wiederzugeben. Diese seine musikalische Fähigkeit
berechtigte zu den schönsten Hoffnungen und trug nicht wenig dazu
bei, die Vergötterung ins Maßlose zu steigern.

Für mich bedeutete die Musik bis dahin absolutes Neuland, indem
ich sie solange nur als mehr oder minder angenehmes Geräusch empfunden
hatte. Die Gassenhauer und Schlager, welche ich bis dato gehört hatte,
ließen mich kalt.. Und nun auf einmal, durch Alfreds Spiel vermittelt,
wozu wohl das Freundschaftsgefühl als steigerndes Moment nicht wenig
beitrug, lernte ich mit dem Herzen hören. Eine neue Kunst brach in
mein Leben ein, die gewaltsam meine gesamte Innenwelt aufrüttelte
und eine neue Welt von Empfindungen in meinem Herzen wachrief.
Noch fehlten mir die Organe, die Mysterien dieser Kunst zu begreifen,
doch ließen wollüstige Schauder, die mich bei Alfreds Vortrag
einer Beethovenschen Sonate packten, ahnen, welcher Entzückungen die
menschliche Seele fähig, wenn die Organe zur Erfassung der musikalischen
Mysterien erst voll und ganz erschlossen sind.

Nun hielt mich, durch Ehrgeiz angestachelt, die Musik in festen
Händen, nun ließ sie mich nicht mehr los. Pinsel und Palette waren
gänzlich vergessen, und mit unsäglicher Mühe gelang es mir, durch
stundenlange Übungen meiner Finger Herr zu werden und die ersten
Anfangsgründe des schwierigen Klavierspiels hinter mir zu lassen. Meine


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