Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
19.1925/26
Seite: 325
(PDF, 121 MB)
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Blitzartig hemmte dieser lähmende Gedanke meine Schritte. — Mein
Ifreund hatte mich bemerkt. Sein erstes war, Bleistift und Papier rasch
in der Rocktasche verschwinden zu lassen und mich mit einem lauten
Ausruf der Verwunderung zu empfangen. Ich war vorsichtig genug,
mich nicht. als Zeugen der eben entdeckten Tätigkeit seinerseits hinzustellen
und verbarg natürlich den ähnlichen Vorsatz meinerseits ängstlich
vor ihm.

Während ich ihm gegenüber ein Buch mit sieben Siegeln war, genoß
ich dank meines hellfühlenden Doppelichs den Vorzug, in seiner Seele
zu jeder Zeit deutlich lesen zu können. Die Gespräche, welche wir nun
bei unserer Heimkehr durch den Wald anschlugen, mochten noch so
gleichgültiger Art sein, stets spürte ich den leise schwingenden Unterteil
mit und nahm immer mehr die Wellen seines stärkeren Temperaments
in meiner empfänglichen Seele auf.

Als wir null an dem Hause Dorchens vorbeischritteii und ich, ohne
hinzusehen, den heißen, forschenden Blick, mit dem er gleichsam das
Haus mit seinem geliebten lebenden Inhalt abtastend in sich hineinsog,
gewahr wurde, wußte ich\s: Er war der erste, der sie liebte, und ich ein
Narr aus zweiter Hand

Was soll ich Sie weiter umständlich durch die verwirrten Gänge
meiner ersten Leidenschaft hindurchführen! Es war eine ganz nutzlose,
törichte Sache — ich mir selbst rätselvoller und dunkler denn je —
nur durch ihn, durch mein zweites Ich, das er gänzlich in seinen Händen
hatte, fühlend und so den ersten Sturm einer Knabenliebe in naiver Weltferne
genießend.

Nie hat er mir in dieser Zeit von seiner Liebe gesprochen, und gewiß
hatte er zu schweigen das heiligste Recht. Auch seine Versuche auf
dichterischem Gebiet, die er eifrig fortsetzte, blieben Monologe, von denen
nur er allein wußte,

Sie können sich meinen Schrecken denken, als ich einst unvermutet
in sein Zimmer trat und dort ein Gedicht von ihm offen auf dem Tisch
liegen fand. Sein Inhalt belehrte mich, daß es dasselbe war, bei
dessen Entstehung ich Pate war, und daß es getreu die Gefühle bis
ins Einzelnste wiedergab, die mich damals auf der Suche nach einem
Poetenplätzchen bewegt hatten. — Unbemerkt wie ich gekommen, verschwand
ich, und so durfte er sich weiter in dem Gefühl der Sicherheit
wiegen, Dichter und Publikum in einer Person zu vereinigen.

Es sollte jedoch nicht mehr lange dauern, als er selbst das Geheimnis
mir gegenüber auf eine originelle Art zu lüften begann. Seime
Neigung, immer heftiger werdend, trat bald aus dem Stadium platonischer
Zurückhaltung heraus und suchte sich dem Gegenstand seiner Anbetung
kurzentschlossen zu nähern.


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