Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
19.1925/26
Seite: 394
(PDF, 121 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1925/0398
— 394

daß J&eschichtsschreiber sehr oft die .gleichen Faktoren für einander
völlig entgegengesetzte Resultate verantwortlich machen. Das ist keineswegs
ein billiger Paradoxon, sondern eine Tatsache, die durch zahlreiche
Beispiele bewiesen werden könnte, Konsequenterweise müßte das Kausalitätsprinzip
hier ebenso verpönt sein wie in der Astrologie; bei letzterer
ist es nicht erwiesen, in der Geschichtsphilosophie führt es zu widersprechenden
Schlußfolgerungen. *)

Die unerläßliche Voraussetzung für den Begriff der Gesetzmäßigkeit
ist die Unveränderlichkeit der Bedingungen, unter welchen eine Erscheinung
zustande kommt. Im Sprachgebrauch der exakten Wissenschaften
kann das „Gesetz" keine andere Bedeutung haben, als der Ausdruck der
unabänderlichen Aufeinanderfolge zweier Erscheinungen zu sein, wobei
das Voraufgehende als „Ursache" und das unabänderlich Nachfolgende als
„Wirkung" angesehen wird. Dies ist jedoch nur eine bloße Anschauungsform
des menschlichen Denkens. Das Ziel aller wissenschaftlichen Forschung
ist die Erkenntnis cli^er konstanten Beziehung zu dem Zweck
der Verallgemeinerung und der Vorausbestimmung neuer Erscheinungen.
Eine Geschichtsschreibimg, die sich nur auf die Katalogisierung von Tatsachen
beschränkt, kann daher nicht Anspruch darauf erheben, eine Ge-
schichts w i s s e n s c h a f t zu sein. Ebenso wenig eine Anhäufung von
Steinen ein Haus ist, ebenso wenig bildet eine Sammlung von Tatsachen
eine Wissenschaft. Hierzu bedarf es einer Koordinierung der Tatsachen.
Es ist keineswegs unmöglich, geschichtliche Tatsachen zu. einander in
Beziehung zu setzen und ihren Determinismus festzustellen. Wenn auch
zwTei Völker völlig von einander verschieden sind, so verläuft ihre Geschichte
doch nach der gleichen Gesetzmäßigkeit. Gerade so, wie es keine
zwei Menschen gibt, die völlig identisch sind, so unterliegen dennoch die
Menschen in ihrer Gesamtheit den gleichen biologischen Gesetzen.

Bereits Montesquieu (1689—1755) hat die Tatsache eines geschichtlichen
Determinismus klar erkannt und dieser Überzeugung in seinen
„Betrachtungen über Größe und Verfall der Römer" in nachstehendem
Satz Ausdruck verliehen: „Es ist nicht der Zufall, welcher die Welt beherrscht
. Es gibt allgemeine Ursachen, entweder moralischer oder .physischer
Art, welche jede Monarchie beherrschen, sie zur Größe oder zum
Verfall bringen. Wenn der Zufall einer Schlacht, das heißt einer besonderen
Ursache, einen Staat zerstört hat, so gab es eine allgemeine Ursache
, welche bewirkte, daß dieser Staat untergehen mußte."

Wie lassen sich nun, um mit Montesquieu zu reden, diese allgemeinen
Ursachen, dieser großzügige, durchgängige Determinismus in der Ge-

*) „Keine tiefe und echte Geschichtsforschung" bestätigt auch Spengler,
,,wird nach kausaler Gesetzlichkeit forschen; andernfalls hat sie ihr eigentliches
Wesen nicht begriffen".


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1925/0398