Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
19.1925/26
Seite: 474
(PDF, 121 MB)
Bibliographische Information
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Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

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bisse die Blüte gebrochen, um dann in anderen Abenteuern Vergessen
seiner selbst zu finden. Hierzu fühlte ich mich ganz außerstande. Ich
schloß die Flamme in mein Herz hinein und wagte nicht einmal, den Blick
zu dem angebeteten Wesen emporzuheben. Durch dieses passive Zurückgehen
in mich selbst wuchs die verzehrende Flamme von Tag zu Tag,
so daß ich bei aller fehlenden Nachtruhe dahinschwand wie ein Schatten.
Ich vernachlässigte meine Studien, spielte mit Selbstmordgedanken, sah
mich hinter Schloß und Riegel gesetzt und peinigte mich so mit den
fürchterlichen Bildern einer aufgepeitschten Phantasie.

Dieser tolle Zustand wurde noch dadurch verschärft, daß das Schlafgemach
der beiden Mädchen im oberen Stock in nachbarlicher Nähe des
meinigen sich befand. Trotzdem ich bis dahin keine Annäherungen meinerseits
versucht hatte, spielte doch meine ungesunde Phantasie mit Bildern
der Wollust. Ich malte mir aus, wie Agnes zu nachtschlafender Zeit, von
meinem Sehnen gepackt, sich leise meinem Zimmer nahte, geräuschlos
meine Tür öffnete und in wehendem Hemdchen in die Arme des Geliebten
eilte. Ich ließ diese Bilder in mir ruhen, wirken, plastisch werden. Ich
hoffte, ohne aktives Vorgehen meinerseits, durch die Kraft meiner
brünstigen Seele allein in den Besitz des keuschen Mädchens zu gelangen.

Wenn ich abends zu Bett ging, versäumte ich mit Absicht, die Tür
hinter mir zu schließen, um dem süßen Wesen nicht den Weg zu verbauen
, wenn es das Verlangen zu mir hintrieb. Ich ging weiter, wußte
mir ein Bild der Angebeteten zu verschaffen und hängte es über dem
Kopfende meines Bettes auf. Dieses Bild betrachtete ich dann stundenlang
vor dem Einschlafen, bedeckte es mit einer Flut brennender Küsse,
sprach sehnsüchtige Worte zu ihm, suchte durch das Bild hindurch in
die Seele des Mädchens einzugreifen, bis der Schlaf mich endlich mit
neuen, folternden Bildern überfiel.

Von diesem seltsamen Zustande schien meine Umgebung, und am
wenigsten Agnes, überhaupt nichts zu ahnen und gewahr zu werden.
Die Mädchen waren trotz der orthodoxen Erziehung von übersprudelnder
Lebhaftigkeit. Stundenlang konnte man die lustig zwitschernden Stimmen
durch das Haus erklingen hören, und jedesmal, wenn ich Agnes in dem
Zustande übermütigen Dahinjubilierens vernahm, überkam mich ein Gefühl
zornmütigen Emporwallens unmotivierter Empfindsamkeit. Ich ballte
meine Fäuste, verzerrte mein Gesicht und hätte mich am liebsten auf
die unschuldige Sängerin gestürzt, auf sie einschlagend, sie zermalmend
unter der Wucht meiner Schläge.

Sie sehen, meine Nerven befanden sich bereits in einem derartigen
Zustande, daß das Eintreten des Paroxismus nur noch eine Frage der
Zeit war. Unterdessen änderten sich die Verhältnisse, als ich bei eimei^
kleinen Gelegenheit mit dem Spürsinn der Liebe herausfand, daß Agnes,


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