Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
19.1925/26
Seite: 475
(PDF, 121 MB)
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'ohne es selbst vielleicht zu wissen, bis über die Ohren in mich' verliebt war.
Da konnte keine Maske, keine zur Schau gestellte Lustigkeit mich
mehr täuschen.

Schon in den ersten Tagen nämlich war mir klar geworden, daß das
ältere der beiden Mädchen ein Auge auf mich geworfen hatte. Marie
war von Natur nicht ohne gesunden Mutterwitz ausgestattet, und so
konnten wir am Abend in stundenlanger Unterhaltung auf der Bank vor
dem Hause beisammen sitzen, bis die sinkende Nacht hereinbrach und wir
die gemeinsame Treppe zu unsern Schlafgemächern emporstiegen. Je
gleichgültiger mir das Mädchen war, desto natürlicher und ungezwungener
konnte ich mich dem Verkehr mit ihm hingeben, wohingegen ich die Nähe
Agnes oft geflissentlich mied, da mir die Befangenheit sogleich das Blut
in den Kopf emporsteigen ließ.

Marie hatte natürlich keine Ahnung, wie es mit meinem Herzen beschaffen
war und schien sich um so eher erotischen Träumen hinzugeben,
je weniger Anlaß ich ihr hierzu gab. Oft hatte ich die leise Hoffnung,'
durch gelegentliche Unterstreichungen erdichteter Gefühle Marien gegenüber
so etwas wie Inipulse der Eifersucht in Agnes zu erwecken, doch
mußte ich bald das Fruchtlose dieses Scheinmanövers einsehen. Ich sah
sie meine Nähe weder fliehen noch aufsuchen. Da beschloß ich, größeres
Geschütz aufzufahren, und dieser Versuch gelang dann zu meiner Überraschung
an jenem denkwürdigen Abend, der für ewig in meinem Gedächtnisse
haften wird*

Marie war für drei Tage zu einer Tante aufs Land gereist. In dieser
Zeit suchte ich mich durch alle mögliche Weise Agnes zu nähern und
meisterte meine Scheu, indem ich alle Fesseln der Befangenheit von mir
warf. Ich nahm Agnes als das, was sie war, als Kind, vertrieb ihr die
Zeit, tollte mit ihr auf dem Hofe herum, spielte mit ihr Ball, pfuschte
ihr bei den Stickarbeiten ins Handwerk und sali bald, daß ich mir auf
diese Weise die Gunst des holden Wesens gewann.

Ich befand mich in einem Glücksrausch und erkannte, auf wie leichte
Weise man sich dem Mädchen nähern konnte, wenn man alle selbst-
peinigenden Momente der Sinnlichkeit dabei außer Betrieb setzte.

Nun kam der Abend des dritten Tages. Ich stand mit Agnes vor
der Haustür, als plötzlich die wiedergekehrte Schwester vor unseren
Blicken auftauchte. Ich sah Mariens Augen in unverhohlener Wiedersehensfreude
aufleuchten; ich eilte ihr einige Stufen herunter entgegen
und verfehlte nicht, ihr in aufwallendem Gefühl beide Hände liebkosend
zu drücken. In diesem Augenblicke traten die Eltern der Mädchen
ebenfalls aus dem Hause, und ich hörte plötzlich den Vater sagen: Aber,
Agnes, was fehlt dir denn? Du bist ja so blaß? Bist du krank? — Da
fühlte ich einen Strom heißen Bluts zu meinem Herzen schießen. Es gab


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