Freiburger historische Bestände - digital

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eine vollzogen war; so nach dem Schnürchen hatten sie in früheren
Jahren ihren alten Lehrer auswendig gelernt. Sie sannen und berieten
hin und her, ohne indes naturgemäß auf den höchst seltsamen Gedanken
zu kommen, es in dieser wunderbaren Aufmachung mit ihrem alten
Lehrer zu tun zu haben.

Die Klasse hatte sich bereits gefüllt. Der Lehrer klopfte auf den
Tisch und gab damit das Zeichen zum Beginn des Unterrichts. Nichts
konnte in den Kindern die Vermutung aufkeimen lassen, daß hier ein
Wahnsinniger vor ihnen stünde. Das Morgengebet - wurde ordnungsgemäß
gesprochen, als sich plötzlich von den hinteren Bänken ein kleiner
rotznäsiger Bursche erhob und mit freundlich verzückter Miene fragte:
„Sind Sie unser neuer Herr Lehrer?"

Die allgemeine Spannung der Klasse war hierdurch zum platzen
gekommen. Ratlos mußte unser ängstlich im Gehirnschatz umherwühlender
Delinquent den Ansturm der vielen neugierigen Stimmen über
sich ergehen lassen. Endlich besann er sich:

„Ihr wollt wohl euern alten Lehrer nicht mehr erkennen, — ihr
seid wohl ganz aus dem Häuschen?"

„Ei, unser Lehrer, der ist ja bei die Soldaten im Krieg!"

Das war ja der helle Wahnsinn. Er faßte sich an die Stirn, ob
er noch seine fünf Sinne beisammen hätte, als' noch zuletzt eine helle
Stimme in den Chorus hineinrief: „Ei, das ist ja unserm richtigen
Lehrer sein Ereund! Ich habe ihn schon öfter hier bei ihm gesehen!"

Diese Worte lösten ein neues Hallo der Kinder aus. Viele gaben
vor, den Ereund ihres Lehrers mit seinen roten Haaren und seinem hinkenden
Fuß auch schon zu kennen. Sie waren ietzt mit sich ins Reine
gekommen:. Also, dieser Ereund ihres Lehrers war erschienen und wollte
sich einen Spaß mir; ihnen machen. Hierauf einzugehen war ihnen natürlich
ein Hauptvergnügen. Minutenlang mußte unser Ereund mit der
aus Rand und Band geratenen Horde kämpfen, ehe es ihm gelang, den
Sturm einigermaßen zu bändigen.

Daß er sein eigener Freund sein sollte, kam ihm äußerst komisch
vor, und etwas war in seinem Unterbewußtsein, was sich mit aller
Kraft widersetzte, die sichtbaren Zeichen seiner selbst als Argumente
des Zweifels anzuerkennen. Gewiß mußte vieles in seinem Oberstübchen
nicht richtig sein. Er fühlte immer deutlicher eine tiefe Kluft, die sich
nicht überspringen ließ; doch augenblicklich war er durchaus bei klarem
Verstand, und was hinter ihm lag, mußte für immer überwunden sein.

Er wandte sich nach einigem Nachsinnen an die Kinder:

„Also, meine lieben Kleinen, was ihr da sagt, stimmt durchaus
nicht. Ich bin in der Tat euer alter Lehrer, der plötzlich aus dem
Kriege wieder heimgekehrt ist. Ihr mögt mich wohl mit meinem Freunde