Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
19.1925/26
Seite: 567
(PDF, 121 MB)
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Sie wußte kaum noch, ob sie ihre Füße trugen. Ihr Mann konnte
ja wirklich aus dem Felde zurückgekommen sein, — die Gewährung
eines Urlaubs geschah ja meistens ganz unerwartet, — aber daß er sich
nun gerade diesen Scherz erlaubte und sich fürs erste in dem Klassenraum
festsetzte, war doch eine etwas starke Zumutung an den gesunden Menschenverstand
. Also eilte sie aufgeregt in den Flur und stürzte mit einem
unartikuliertem Schrei der offenen Klassentür entgegen.

Wie festgewurzelt blieb sie in dem Türrahmen stehen. Gewiß hatten
sich die Kinder doch einen recht boshaften Scherz erlaubt. Statt
ihres in feldmarschmäßiger Ausrüstung erwarteten Mannes sah sie zwei
Gestalten, die ihr seit langem wohl bekannt waren. Unfähig, noch
einen Schritt vorwärts zu tun, verharrte sie in sprachlosem Staunen und
blickte mit hilfesuchender Miene um sich.

Unser transformierter Freund hatte inzwischen seines Weibes mit
keiner Silbe gedacht, und auch der Vertreter, der doch sicher ein vorheriges
Zusammentreffen des Heimgekehrten mit seiner Ehehälfte als gegeben
annehmen mußte, fühlte sich nicht bemüßigt, in diesem Punkte in sein
unterstützungsbedürftiges Gedächtnis einzugreifen.

So hatten sich die beiden Schultyrannen indes mit belanglosen Dingen
befaßt und der Vertreter mit gewichtigen Worten den Stand der Klasse
klarzulegen gesucht, wobei er nicht verfehlte, sein Lehrgeschick in den
rechten Farben aufleuchten zu lassen, als plötzlich die Erscheinung der
verwirrten Frau in dem Türrahmen auftauchte und dadurch dem wichtigen
Geprächsthema das Wasser von der Mühle nahm.

Wir hatten schon vorher gesehen, wie die sinnliche Gegenwart gewohnter
Bilder mit blitzartiger Geschwindigkeit die Fäden der Vergangenheit
in das orientierende Bewußtsein schlug, und kaum wurde er der
Frau ansichtig, als er auch schon ohhe Zögern auf sie losschritt, um sein
langersehntes Weib in seine Arme zu schließen.

Die unglückliche Frau wußte im ersten Moment nicht, ob sie die
ganze Situation nicht von der komischen Seite aufzufassen hätte. Allein
wie sie die ihr wohlbekannte Gestalt Ulrichs auf sich zuschreiten sah
und dabei ihren Namen mit der Stimme ihres Mannes erklingen hörte,
wurde sie ihrer fünf Sinne plötzlich irre.

Sie konnte sich unmöglich täuschen. Aus dem Blick, der aus dem
flackernden Auge des Mannes drang, schaute ihr die Seele ihres lang
erwarteten Gatten entgegen. Der furchtbare Ernst der Situation ergriff
sie blitzartig und suchte sie zu Boden zu schmettern. Sie hatte
eben noch Zeit, einen Schritt zur Seite zu weichen, um der Umarmung
des unheimlichen Mannes zu entgehen, als sie auch schon dem wie versteinert
dastehenden Vertreter zurief: „Helfen Sie mir, Herr Behr, dieser
Mann ist verrückt geworden!"


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