Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
20.1926/27
Seite: 364
(PDF, 129 MB)
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nahezu ablehnt. Merkwürdig, tlaß ein so hervorragender, scharfschauender
Geist wie Dr. K. seines Wesens keinen Hauch verspürt haben solltej.
Gewiß, Meister Ekkehart spricht fast nirgends das klipp und klar aus, was
etwa der Buddho ohne weiters sagen durfte. Man denke aber nur:
hier spricht das Mitglied einer Kirche und eines Ordens, das durch
eherne Dogmen und Vorschriften in der unerhörtesten Weise gebunden
ist. Jedes Wort, das er spricht, jeder Satz, den er schreibt, kann
nur ein Kompromiß seiner innersten Ansichten und Schauungen mit
den Geboten und Verboten einer ganz unerhörten geistigen Macht sein,
die mit sich nicht spaßen läßt und für jeden, der sich ein Abweichen
von der festgelegten Eichtung zu Schulden kommen läßt, den Scheiterhaufen
und ähnliche angenehme Dinge in Bereitschaft hat.

Wer dies in Rechnung zieht, muß den großen Mystiker doppelt bewundern
, der mit solcher Kühnheit neue Vorstellungen und Worte für
seine inneren Erlebnisse prägte, deren Inhalt wir auch heute noch nicht
annähernd erschöpft haben. Das „Leerwerden aller Kreatur", das erz.,B*
immer und immer wieder fordert und geradezu als Hauptmittel zur
Erlangung der „Vergottung" hinstellt, tritt ebenbürtig zur Forderung des
Buddho vom „Vollkommenen Erlöschen". Wenn der große deutsche
Meister nur durch ein Wunder dem Feuertod entgangen ist, die kühnsten
und vielleicht reifsten seiner Schriften dürften den Ha.ndlangern und
Spürhunden der römischen Kirche nicht entgangen sein. Aber schon
das wenige, das uns wunderbarer Weise von seinen deutschen Schriften
erhalten blieb, zeigt uns nicht blos einen Denker, sondern auch einen
Mystiker, der durchaus nicht so klein war, wie ihn Dr. Ki ansieht.

Dieser „Schandfleck des Dominikanerordens" war gezwungen, die
ihm durch die Kirche überkommenen Formen, Wendungen und Worte
zu benützen. Er hat es nun vermocht, sie mit einem neuen, ganz unerhörten
Inhalt zu versehen, dessen Tiefe uns erst heute ganz offenbar
wird, wo die Beschäftigung mit der deutschen Philosophie und mit den
indischen religiösen Anschauungen uns die Augen für den Meister noch
ganz anders geöffnet hat. Der ganze Weg bis zu den schwindelnden
Höhen der Vergottung ist aber nicht die Frucht scholastischer Spitzfindigkeit
und Wortklauberei, sondern unerhörtester Erlebnisse und
Seelenkämpfe und erhabenster Offenbarungen. Man vergleiche damit nur
die Schriften der besten Scholastiker jener Zeit, ob ihnen auch nur im
entferntesten jene Gewalt der Überzeugung innewohnt wie etwa den
deutschen Lehrreden des Meisters Ekkehart.

Schon das liefert (mir wenigstens) den Beweis, daß der Meister
alles, was er hier sagt, in tiefster Seele erlebt, erstritten, errungen,
ersiegt hat. Dr. K. stellt einen Franz von Assisi oder einen Thomas von
Aquin weit über den Meister Ekkehart. Ich weiß es nicht, aber vielleicht


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