Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
20.1926/27
Seite: 459
(PDF, 129 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1926/0463
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Paralyse in Ländern ohne Impfzwang. Je aufgeklärter ein Land oder
ein Volk, desto größere Paralysehäufung. In Deutschland zeigen Paralysesterblichkeit
und Impfschutz eine gleichmäßige, durch Schwankungen nicht
unterbrochene Zunahme. Das sind in Kürze die Hauptpunkte für die
Hypothese.

Nun aber audiatur et altera pars!

Der nachgewiesene Parallelismus beweist keineswegs, daß die Impfung
die Ursache der Paralyse sein muß. Die Impfung ist ein Produkt der
Kultur, aber es gibt noch andere Kulturprodukte, die ebenfalls ungünstig
einwirken, wie der Alkohol und andere Ursachen, die ich oben schon kurz
andeutete. Auf Java und Madura wird schon seit Jahrzehnten geimpft
und wiedergeimpft, und trotzdem ist wenig Paralyse da. In Mexiko sind
Pocken häufig, trotzdem gibt es viel Paralyse. Auf Kuba fehlen die
Pocken, aber auch die Paralyse. Pockenerkrankung ist ja wohl ohne
weiteres der Impfung gleichwertig. In Australien ließen die Impfungen
schon vor 20—25 Jahren stark nach, trotzdem ist die Paralyse relativ
häufig. Der Tierversuch spricht gegen die Hypothese. Ich habe auch
hier nur einige wichtige und leicht verständliche Punkte gegen die
Hypothese herausgeschält.

Nehmen wir aber nun mal den Fall an, die Hypothese bewahrheite
sich, besonders wenn noch weitere umfassende Versuche gemacht werden
würden, wozu sich die Kolonialarmeen Frankreichs, die auf europäischem
Gebiete von allen Kulturfaktoren beeindruckt werden, gut eignen würden,
so müssen wir uns nach den Folgen befragen. Wir haben in Deutschland
z. B. eine große Impfgegnerschaft, die es bis jetzt fertig gebracht hat, die
Schutzpockenimpfung für fast alle chronischen Krankheiten, insbesondere
für die Tuberkulose, verantwortlich zu machen. Für diese Leute ist die
neue, bis jetzt noch nicht bewiesene Theorie natürlich Wasser auf die
Mühle. Sie würden auf Grund dieser Tatsachen erneut eine Revision des
Impfgesetzes beantragen und bei der heutigen Einstellung der Parlamente
vielleicht aach zum mindesten die Gewissensklausel wie in England
durchsetzen. Welches Unglück damit angerichtet wird, liegt klar auf #
der Hand, denn die englischen Pockenepidemien konnten seit 1919 bis
jetzt noch nicht zum Erlöschen gebracht werden, während Deutschland sich
trotz der geöffneten Ostgrenzen nahezu frei halten konnte. (20 Pockenfälle
1921.) Die Impfgegnerschaft konnte eben in Deutschland nur so
groß werden, weil die lebende Generation die Geißel der Pocken nicht
mehr kennt. Ich gebe zu, daß die Impfung schädlich wirken kann, doch
ist der angerichtete Schaden gegenüber der Pockengefahr einfach ein
Nichts. Von diesem Standpunkt aus muß auch das Paralyse-Schutz -
impfung-Problem betrachtet werden. Möge sich auch die Theorie
bewahrheiten, so bleibt doch immer die Frage nach dem größeren Nutzen.


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