Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
20.1926/27
Seite: 555
(PDF, 129 MB)
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Jahres verurteilt. Sie hatte bereits, als dieses geschah, zu St. Saturnin,
Departement Vaueluse, 7 Monate Untersuchungshaft verbüßt. Die Tami-
sier war zweifellos eine Betrügerin aus Ruhmsucht. Das Tribunal von
Carpentras schwankte aber und hatte sich für inkompetent erklärt. Nach
ihrer Verurteilung hörten /die vermeintlichen wunderbaren Erscheinungen
auf.

Der Erklärung des Wesens der Stigmatisation stellen sich ganz
beträchtliche Schwierigkeiten in den Weg. Man schrieb oft die Male
Stigmatisierter ihrer lebhaften Einbildung zu, die sioh besonders bei
der Betrachtung und Anschauung des Leidens Christi lebhaft entfalten
soll. Es sind aber Fälle bekannt, bei denen die Stigmatisation plötzlich
auftrat und sich in der Vision des Erlösers die Male ohne Willen der
betreffenden einprägten, visionär verursacht durch intensiv leuchtende
goldrote Strahlen, die von den Wunden des geistig geschauten Heilandes
ausgingen und sich mit starkem Seihmerz in die Körperstellen des
Heiligen einbohrten. Auch weist das grellrote Leuchten der Wunden
Stigmatisierter und ihr Wohlgeruch bei manchen auf einen noch nicht
zu erklärenden mystischen Ursprung hin, der das Wirken der Einbildung
ausschließt. Manche erklärten die Stigmatisation als eine seltene
hysterische Erscheinung, ein Standpunkt, der für materialistisch gesinnte
Psychiater und Monisten im allgemeinen sehr sympathisch sein
wird, besonders bei Befolgung des monistischen Grundsatzes, daß ein
gründliches Studium mystischer Erscheinungen als Zeitverschwendung zu
betrachten und zu unterlassen ist. Die Hypnose scheint uns mit der
bei Stigmatisierungen tätigen Kraft näher bekannt zu raachen. Man kann
durch suggestive Einwirkung in der Hypnose rote Flecke, Blasen in
der Haut und sogar Schriftzüge hervorbringen und mag die Stigmatisation
mit mehr oder weniger bewußter Selbsthypnose vieles gemein
haben, jedoch bleibt die Stigmatisation für uns als mystisch-religiöse
Tatsache von bisher unergründlichem Wesen bestehen. Mit
den Umwälzungen in Kirche und Keligion, insbesondere mit der
Schwächung der Macht des kirchlichen Dogmas und der dem Intellektuellen
zustrebenden menschlichen Entwicklung wird die Stigmatisation
für die Zukunft kaum noch Bedeutung haben, obgleich noch im 19. Jahrhundert
eine Beihe stigmatisierter Personen bekannt war.

Erwähnenswert ist noch die Stellung der katholischen
Kirche zu den Phänomenen der Stigmatisation. Sie empfiehlt ihren
Glaubigen, niemals die Stigmatisierung zu erstreben und sich ihrer für
unwürdig zu halten. Das ist eine ähnliche Taktik als die, die sie dem
Spiritismus gegenüber befolgt, nur daß sie Spiritisten aus ihrer Gemeinschaft
ausschließt. Tritt die Stigmatisation bei einem Mitglied der Gemeinde
auf, dann soll der Geistliche ihr möglichst keine Bedeutung


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